Hunde — symbolische und andere

 

• Hunde gehören zum Alltagsbild, insbesondere in einer agrarisch geprägten Welt.

• Hunde haben in gewissen fiktionalen Erzählungen eine Rolle als Handelnde oder sie sind als bedeutsame Realität wichtig oder sie offenbaren das Verhalten der Menschen, die mit ihnen umgehen.

• In gewissen Textgattungen (Fabel, Emblem) haben sie deutlich eine symbolische oder allegorische Bedeutung.

• Bei etlichen bildlichen Darstellungen fällt auf, dass die Hunde im Umkreis von mächtigen / reichen Personen vorkommen und evtl. ein Statussymbol sind. Oder sind sie Hunde aber bloße Zugabe, Kolorit?

• Beim Wort "Hund" sind immer auch die Rüden mitgemeint.

Wir konzentrieren uns auf ältere Texte und Bilder. Es ist keine wirkliche "Kynologie". Die Beispiele sind kaum kommentiert, damit die geneigten Betrachter*innen etwas zu sinnieren haben.

Aber Vorsicht beim Scrollen!

CAVE CANEM

Inhaltsübersicht

➤➤➤ Hunde in der Naturkunde

➤➤➤ Hunde im Alltag

➤➤➤ Hunde als Begleiter bei der Jagd

➤➤➤ Hirtenhunde

➤➤➤ Hund in der Mythologie

➤➤➤ Hunde in der Tierfabel, Emblematik

➤➤➤ Bedeutsame Hunde in der fiktionalen Literatur

➤➤➤ Moralische Ausdeutungen

➤➤➤ Allegorische Zutaten bei Personifikationen

➤➤➤ Negative Wertungen

➤➤➤ Hunde im Umfeld von Mächtigen u.a.

➤➤➤ Symbolische Hunde oder Bild-Zierat?

➤➤➤ Weiterführende Hinweise

 

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Hunde in der Naturkunde

Was zum natürlichen Verhalten der Hunde gesagt wurde, bildet selbstverständlich die Basis (das "signifiant") für symbolische Deutungen aller Art.

Plinius widmet dem Hund einen längeren Passus in seiner Naturkunde (naturalis historia, lib. VII, lxi, 142 – lxiii, 153). Er hebt vor allem die Treue der Hunde hervor, was er mit vielen historischen Beispielen stützt.

Der übersetzte Text aus Plinius: Soli dominum novere et ignotum quoque, si repente veniat, intellegunt; soli nomina sua, soli vocem domesticam agnoscunt.

Caij Plinij Secundi / Des furtrefflichen Hochgelehrten Alten Philosophi / Bücher und schrifften / von der Natur / art vnd eigenschafft der Creaturen oder Geschöpffe Gottes […] auß dem Latein verteutscht durch M. Johannem Heyden / Eifflender von Dhaun […] Frankfurt: Sigmund Feyerabend 1565; S. 196–207.
> http://reader.digitale-sammlungen.de/resolve/display/bsb10140858.html

Konrad von Megenberg, »Buch der Natur«

Jacobus spricht, daz die hund gelernigiu tier sein zuo allen spiln, und wie daz sei, daz si gern slâfen, iedoch behüeten si irr herren häuser wachend. si habent ir herren sô liep, daz si oft umb si sterbent. under allen unvernünftigen tiern derkennent die hund allain ir aigen namen, sam Solînus spricht. […] auch etleich hund pei irr herren tisch ligent, sô schickent si sich alsô, daz si ain aug kêrent zuo der milten hant irs herren und daz ander zuo irs herren haustür. […]

Konrad von Megenberg, Das Buch der Natur, hg. v. Franz Pfeiffer, Stuttgart 1861; III, A,  9: VON DEM HUND.

Der ganze Text hier> https://titus.uni-frankfurt.de/texte/etcs/germ/mhd/konrmeg/konrmt.htm

❑ Für die frühneuzeitliche Zoologie ist wichtig das Tierbuch von Conrad Gessner (1516–1565). Die lateinische Ausgabe erschien 1551; die auf etwa 1/6 gekürzte deutsche Fassung 1563:

Thierbuoch Das ist ein kurtze bschreybung aller vierfüssigen Thieren/ so auff der Erden und in wassern wonend, sampt jrer waren Conterfactur: alles zuo nutz vnd guotem allen liebhabern der künsten/ Artzeten/ Maleren/ Bildschnitzern/ Weydleüten vnd Köchen gestelt. Erstlich durch den hochgeleerten D. Cuonrat Geßner in Latin beschriben/ yetzunder aber durch D. Cuonrat Forer zuo mererem nutz aller mengklichem in das Teütsch gebracht/ vnd in ein kurtze komliche ordnung gezogen. Getruckt zuo Zürych bey Christoffel Froschower im Jar als man zalt M.D.LXIII.
> http://dx.doi.org/10.3931/e-rara-5027

Fol. LXXXVI folgende: Von den Hunden. Von innerlicher Gestalt der Hunden — Von natur vnd eigenschafft der Hunden — Von kranckheiten der Hunden/ vnd wo mit die selbigen zuo vertreiben — Von natürlicher anmuot vnd geschicklikeit der Hunden — Von nutzbarkeit des thiers — Vom fleisch des thiers – Von Artzney so in gemein von den Hunden zuo etlichen kranckheiten gebraucht werdend — Vom Hunds träck — Von dem Hundsbisß so wüetend/ oder so nit wüetend sind — Von dem bisß des wüetenden Hunds — Bey was Zeichen man erkennen möge einen wütenden bisß — Artzneyen so für den wüetenden Hundsbisß gebraucht vnd auffgelegt werdend — Etliche stückle so für den wüetenden Hundsbisß eygenommen werden.
Dann folgen Beschreibungen mehrerer Hunderassen.

❑ Der Hund hat auch eine medizinische Verwendung:

Der Kopff eines Hunds/ gebrannt gestossen und gepulvert/ oder sein aderich Fleisch heilet den Bisß deß Hunds. Das Pulver von Hundszähnen ist gut für das Zahnwehe und Zahnfleisch. Sein Gall mit Honig gemischt/ ist ein bequem Arzney zu den blöden Augen/ übergestrichen. Sein Schmalz stillet das Podagram und Ohrenwehe. Mit Hundsharn und Nitro ein Arzney gemacht heilet die Aussätzigkeyt und das Jucken.

Adam Lonitzer / Peter Uffenbach, Kreuterbuch. Künstliche Conterfeytunge der Baeume, Stauden, Hecken, Krauter, Getreyd, Gewuertze [...] Item von den führnehmsten Gethieren der Erden […], Ulm: Matthäus Wagner 1679; Dritter Theil, Cap. 27 = S. 596f.

❑ Charles Darwin zeigt in seiner Studie »Expressions of Emotions in Man and Animals« (1872) die Körperhaltungen des Hundes bei feindseliger vs. demütiger Stimmung so:

Charles Darwin, Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Thieren, übers. von J. Victor Carus, 2.Aufl. Stuttgart 1874; S. 51ff.

Irgendwie scheinen wir miteinander verwandt zu sein; man vergleiche den Gestus der Proskynese:

Adolf Freiherr Knigge (1752–1796) geisselt den Despotismus und den Untertanengeist an in seinem utopischen Roman: Benjamin Noldmann’s Geschichte der Aufklärung in Abyssinien, oder Nachricht von seinem und seines Herrn Vetters Aufenthalte an dem Hofe des grossen Negus, oder Priesters Johannes, Göttingen: Johann Christian Dieterich 1791. https://books.google.ch/books?id=w2IHAAAAQAAJ&hl=de&source=gbs_navlinks_s

Auf den vor ca. 1800 entstandenen Bildern sehen die Hunde alle ähnlich aus, und man fragt sich, seit wann es eine Aufgliederung in so unterschiedlich Rassen gibt:

Der Große Duden. Bildwörterbuch der deutschen Sprache … hg. Otto Basler, Leipzig: Bibliographisches Institut 1935, Tafel 323.

Hunde im Alltag

Homer. Der Hund Argos, erkennt seinen Herrn Odysseus bei dessen Heimkunft in Ithaka nach 20 Jahren wieder:

Aber ein Hund erhob auf dem Lager sein Haupt und die Ohren, Argos, welchen vordem der leidengeübte Odysseus selber erzog; […] Ihn führten die Jünglinge vormals Immer auf wilde Ziegen und flüchtige Hasen und Rehe; Aber jetzt, da sein Herr entfernt war, lag er verachtet auf dem großen Haufen vom Miste der Mäuler und Rinder, welcher am Tore des Hofes gehäuft ward, daß ihn Odysseus' Knechte von dannen führen, des Königes Äcker zu düngen; Hier lag Argos, der Hund, von Ungeziefer zerfressen. Dieser, da er nun endlich den nahen Odysseus erkannte, wedelte zwar mit dem Schwanz und senkte die Ohren herunter, aber er war zu schwach, sich seinem Herren zu nähern. Und Odysseus sah es und trocknete heimlich die Träne, … (Homer, Odyssee, 17. Gesang Verse 290ff. in der Übersetzung von Johann Heinrich Voß > http://www.zeno.org/nid/20005097053)

In der Illustration der Ausgabe der ersten deutschen Übersetzung (Simon Schaidenreißer) ist Argos vorn zu sehen; hinten die prassendden Freier:

Odyssea / das seind die aller zierlichsten vnd / lustigsten vier vnd / zwaintzig bücher des eltisten kunst- / reichesten Vatters aller Poeten Homeri / von der zehen järigen irrfart / des Weltweisen Kriechischen Fürstens Vlyssis beschriben / vnnd erst / durch Maister Simon Schaidenreisser / genannt Mineruium … / mit fleyß zu Teutsch / tranßferiert / mit argumenten vnd kurtzen scholijs erkläret / auch / mit beschreibung des lebens Homeri gemeret / nit vnlustig zu lesen. ... Alexander Weissenhorn, Augustae Vindelicorum excudebat. Anno 1537. (Reprint Münster: Grimmelshausen-Gesellschaft 1986.)

Tobias

Aus dem (in der Septuaginta griechisch überlieferten, als deuterokanonisch und von den Reformatoren als apokryph eingestuften) Buch Tobit:

Als der Sohn alles für die Reise vorbereitet hatte, sagte sein Vater zu ihm: Mach dich mit dem Mann auf den Weg! Gott, der im Himmel wohnt, wird euch auf eurer Reise behüten; sein Engel möge euch begleiten. Da brachen die beiden auf und der Hund des jungen Tobias lief mit. (Tobit 5,17; Einheitsübersetzung)

Biblia ectypa. Bildnußen auß Heiliger Schrifft deß Alten Testaments, Erster Theil. in welchen Alle Geschichten u: Erscheinungen deutlich und schriftmäßig zu Gottes Ehre und Andächtiger Seelen erbaulicher beschauung vorgestellet worden. ... hervorgebracht von Christoph Weigel in Regensburg 1697.

Isebel war die Ehefrau Ahabs, des Königs von Israel, eine Götzendienerin, die ihren Mann dazu aufstachelte, Böses gegen den Herrn zu tun. ... Als Ahab den Weinberg verlangte, den Nabot ihm zu verkaufen verweigerte, sorgte Isebel dafür, dass Nabot fälschlicherweise angeklagt und zu Tod gesteinigt wurde. Danach sagte sie ihrem Mann, er solle hingehen und sich den Weinberg aneignen. Der Prophet Elia sagt über Isebel voraus: ›Die Hunde sollen Isebel an der Vormauer von Jisreel fressen‹. (1. Kön 21,5–29).

Novae sacrorum bibliorum figurae, versibus latinis & germanicis expositae.Das ist neue biblische Figuren mit latinischen und teutschen Versen aussgelegt […], Strassburg: Christoff von der Heyden 1625. S.133
> http://dx.doi.org/10.3931/e-rara-31324

❑ Der Blindenführer. Jesus heilt einen Blinden (Lukasevangelium 18,35ff.). Christoph Murer (1558–1614) zeigt ihn zusammen mit seinem Hund (der dort in der Bibel nicht vorkommt). Künstlerisch gelungen ist die Darstellung der Gruppe um den Blinden im Schatten in Hinteransicht!

Novae sacrorum bibliorum figurae, versibus latinis & germanicis expositae.Das ist neue biblische Figuren mit latinischen und teutschen Versen aussgelegt […], Strassburg: Christoff von der Heyden 1625.
> http://dx.doi.org/10.3931/e-rara-31324

❑ Der ›Postbote‹, der die Briefe des Apostels Paulus zu den Christen bringt, hat Hunde bei sich. Jost Amman (1539–1591) liebt es, in seinen Holzschnitten auch sonstwo Hunde unterzubringen.

Neuwe Biblische Figuren/ deß Alten vnd Neuwen Testaments/ geordnet vnd gestellt durch den fürtrefflichen vnd Kunstreichen Johan Bockspergern von Saltzburg/ den jüngern/ vnd nachgerissen mit sonderm fleiß durch den Kunstverstendigen vnd wolerfahrenen Joß Amman von Zürych. […] Getruckt zu Franckfurt am Mayn/ durch Georg Raben/ Sigmund Feyerabend/ vnd Weygand Hanen Erben M.D.LXIIII.

Auch die unvernünfftigen Thiere müssen der Gottlosen Verräther seyn.

Peter Lauremberg (1585–1639) in seiner Exempelsammlung:

Wie ein Hund die Mörder verrathen.

D. Dieterich über die Erklärung des Buchs der Weißheit cap. 10. conc. 1. p.m. 16. setzet folgendes: Ich weiß mich zu erinnern / daß in Hessen etzliche Siechen des Nachts eine Mühle / so allein in einem Wald gelegen / überfallen / den Müller mit allen den Seinigen in der Mühle erwürget / darnach die Kisten und Kasten auffgebrochen / alles heraus und mit sich genommen / die Thür an der Mühle verschlossen. Als nun des Morgens die Mahl-Gäste kommen / die Mühle verschlossen finden / haben sie solches der Obrigkeit angezeiget / da sie dann nach Eröffnung der Mühlen die erwürgten Cörper gefunden / beneben einem unbekannten Hund / den die Mörder bey sich gehabt / und in die Mühle unwissend / doch zu ihrem Unglück / verschlossen hatten / werden sie Raths / sie wollen den Hund auslassen / und dessen Spur nacheilen / welches auch geschehen / da der Hund dem Siechen-Hause zugeeylet / darinn sie die Thäter bey einander fanden / wie sie eben die geraubten Güter getheilet / sie gefänglich genommen / und ihnen ihr Recht wiederfahren lassen.

Neue und vermehrte ACERRA PHILOLOGICA Das ist: Sieben Hundert Außerlesene, Nützliche / lustige und denckwürdige Historien und Discursen. Aus den berühmtesten Griechischen und Lateinischen Scribenten zusammen getragen, Frankfurt am Main / Leipzig, 1717. Das Fünffte Hundert, 24
> http://www.zeno.org/nid/20005236681

Vgl. auch II,53 > http://www.zeno.org/nid/20005235421

❑ Eine ausführliche Eloge das Hunds findet sich in dem Buch von Stanislaus Reinhard Acxtelmeier:

Ebenbild der Natur/ In den Ungezieffern/ Gewächsen / und Thieren von vermischter Art. Zweyter Theil: In welchem die Sommer-Gewächse und Würmer/ auch vermischte Thiere versinnbildet und beschrieben werden/ mit Lehr- und Sinn-reichen Sprüchen/ Gedichten/ Auslegungen/ Sitten-Lehren/ schönen Geschichten/ Künsten und Artzneyen. In Angebung von Stanislao Reinhard Axtelmaier. Augspurg: Caspar Brechenmacher 1713; S. 292ff.
> https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb11111518?page=336,337

Außlegung Deß eilfften Kupffer-Blats. [Diese Kupfertafeln sind Wimmelbilder, auf denen verschiedene Kreaturen dargestellt sind, die dann im Kapitel besprochen werden. — Hier einige Auszüge]

No. 1. Haben wir das Contrefait eines Hunds/ mit dem Sinn-Spruch: Societate, vigilantia, fidelitate & sagacitate, Gesellschafftlich/ wachtsam/ treu und erforschlich. Eigenschafften/ die alle bey einem guten Hund gefunden werden und die alten Heyden auch ihren Regenten gewünschet haben, als welche schuldig und verbunden sind für ihre Unterthanen zu wachen/ und sorgen/ damit sie wider alle Feinde beschützet werden, […] ; dannenhero auch die Egyptier ihren Mercurium Trismegistum, welcher ihr Fürst und Regent gewesen/ mit einem Hunds Kopff abgemahlet/ weil er sönderliche Weißheit/ Stärcke und Klugheit in der Regierung gebraucht.

Weltkündig und jederman bewust ist/ daß auf dem Land in den Dörffern gemeiniglich ein jeder Baur seinen Hund oder Wächter im Hauß hat; also die Mayer auf den Höfen/ die Schiffer in den Schiffen haben ihre Wacht-Hunde/ um die Diebe durch ihr Bellen und Geschrey anzumelden/ wann einer oder anderer wolte einbrechen. […].

Was für Treu und Liebe ein Hund seinem Herrn erzeige/ ist männiglichen bekannt/ und viel anmuthige Geschichten sind davon beschrieben worden. […] Eine solche Treu/ Hut und Wacht der Hunden ein so liebliches Schmeichlen und Schwäntzeln/ ein so hefftiger Haß gegen die Frembden, eine so Fürsichtigkeit und gleichsam weissagende Verschlagenheit/ eine so hurtige Geschwindigkeit im Jagen, was sollen alle dise Dinge anders bedeuten, als daß sie zu dem Nutzen und Gebrauch deß Menschen erschaffen?

Der Hund ist auch ein Sinn-Bild der Danckbarkeit/ indem er vor allen andern die jenigen erkennet/ liebet und bedienet / von dem er gespeiset und ernehret wird. […] Insonderheit kennen sie die Stimme ihres Herrn gantz eigentlich/ und ob sie ihn viel Jahr verlohren/ kommt er doch nicht aus ihrem Gedächtniß/ und erkennen sie ihn gleich wiederum. […] Ja/ wann auch sie von ihrem Herrn geschlagen werden/ so kehren sie wiederumb schmeichlend/ und sich demüthigend zu ihm/ gleichsam um Gnad bittend.

Ist also der Hund ein rechtes Sinn Bild von einem wachtsamen/ treuen Regenten/ welcher für seine Unterthanen sorget, sie schützet und bewachet wider die Feinde. Er ist auch zugleich das Eben-Bild eines getreuen/ aufrichtigen Vasallen und Unterthanen/ der deßwegen nicht untreu und ungehorsam wird/ wann die Herrschafft ihn etwan straffet […]

Der Hund ist auch zu dem ein sehr gehorsam und gelehrsames Thier/ wodurch er zu allerhand Künsten und Possen kan abgerichtet werden / gegen seinen Unterhalt / indem er gehorchet/ und auch Straff annimmt wann er fehlet. Er lernet aufwarten/ drehen/ haspeln / tantzen/ purtzeln / gaucklen/ dienen/ etwas aufheben/ holen, nach tragen/ die Reit-Schule/ Schildwacht stehen/ im Koth lauffen/ und den Braten wenden/ die Thür auf und zu machen / einem den Hut vom Kopff nehmen/ ein Pferd beym Zaum führen/ mit einer Schüssel im Maul betteln/ im Karren ziehen/ in der Metzg Fleisch/ bey dem Becker Brod hohlen/ allerhand artige Sprünge thun und was des Dinges mehr ist. Mag also auch der Hund für ein Sinn-Bild der Gelehrsamkeit passiren und gebraucht werden.

In der Folge werden auch Recepte präsentiert, wozu man Hundefleisch verwendet.

❑ In der Manier der Narrenliteratur von Abraham a Sancta Clara – insbesondere als Pendant zum Kapitel über den Hünds-Narr in dessen »Hundert ausbündigen Narren« (1709) entstand auch ein Buch zu närrischen Frauen; darin die Hunds-Närrin. Der Verfasser schildert zuerst die große Treue der Hunde, dann aber:

Dieses alles ist wahr, wann man aber gar zu grosse Affection zu den grossen oder kleinen Hunds-Personen trägt, das ist nicht rühmlich, daß aber solches offt bey den Frauenzimmer geschicht, ist gewiß. Dann schildert er anekdotisch Torheiten im Umgang mit Hunden. Auf dem Kupferstich: Närrin gib lieber hin dein Brod | Dem Armen, der thut leiden Noth.

Mala Gallina, Malum Ovum, Das ist: Wie die Alten sungen, so zwitzern die Jungen. Im Zweyten Centi-Folio Hundert Ausbündiger Närrinnen, Gleichfalls in Folio, Nach voriger Alapatrit-Pasteten-Art So vieler Narren Generis Masculini, Anjetzo auch Mit artigen Confecturen, Einer gleichen Anzahl Närrinnen Generis Foeminini, Zum Nach-Tisch Allen Ehr- und Klugheit-liebenden Frauenzimmer zur lustigen Zeit-Vertreib und wohlgemeinten Warnung In Hundert schönen Kupffern moralisch vorgestellt. - Wien, Zu finden bey Johann Michael Christophori, Academischen Buch- und Kunsthändlern ... und Bey Johann Christoph Weigel, Kupfferstechern in Nürnberg. Gedruckt bey Andreas Heyinger, Univers. Buchdruckern, [1713]; S.164–169.
> https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/abraham1713

Ein lebendiger Stiefelzieher

Emil Reinicke in: Fliegende Blätter 1907 (Nr. 3230), S.177
> https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/fb126/0182/image,info

Der kleine Liebling – in der sog. Genremalerei (ein etwas diffuser Terminus):

Holzstich nach Friedrich Prölß (1855–1934) in: Die Gartenlaube 1887, S. 109.
> wikimedia commons

William Hogarth (1697–1764) hat seinem Hund Trump ein Denkmal gesetzt auf dem Selbstportrait:

Gulielmus Hogarth se ipse Pinxit et Sculpsit (Stich 1749 nach dem Ölbild 1745)
> https://www.nga.gov/collection/art-object-page.30354.html
> https://www.nationalgalleries.org/art-and-artists/97501/gulielmus-hogarth-1749

Vgl. dazu > https://en.wikipedia.org/wiki/Trump_%28dog%29

Alltägliche Hunde mit Konnotationen:

❑ Der Name der Kyniker, dieser antiken Philosophenrichtung, wird (auch) vom Wort Hund (griech. kyōn) hergeleitet – diese Männer benahmen sich in den Augen der Zeitgenossen wie Hunde und haben evtl. diesen Spottnamen zum Ehrennamen gemacht. (Vgl. Georg Luck, Die Weisheit der Hunde. Texte der antiken Kyniker, Stuttgart: Kröner 1997).

Jean-Léon Gérôme zeigt 1860 den Erz-Kyniker Diogenes im Fass, umgeben von Hunden:

> https://de.wikipedia.org/wiki/Diogenes_von_Sinope

❑ Beim Tischgebet der Hund am Boden – das könnte eine Anspielung sein auf den Satz der Jesus um Erbarmen anflehenden kanaanäischen || phönizischen Frau: »Die Hunde unter dem Tisch fressen von den Brosamen der Kinder ||, die vom Tisch ihrer Herrn fallen.« (Markus 7,28 || Matthäus 15,27) Die Haushunde, den man – anders als die herumstreunenden Hunde – mit Tischabfällen fütterte, werden in der Exegese positiv ausgelegt: Jesus möge sich auch um das Heil der gläubigen Heiden kümmern. (Freundlicher Hinweis von Florence Br.)

Johann Hoffer, ICONES CATECHESEOS, Wittenberg: Krafft, Johann d.Ä., 1560.
> http://diglib.hab.de/drucke/yv-1324-8f-helmst/start.htm

Hunde lecken die Wunden des Armen Lazarus in der Erzählung des Evangelisten Lukas (16,19–31) — da wurde den Tieren gerne eine heilende Kraft zugeschrieben:

Matthäus Merian: Icones biblicæ præcipuas sacræ scripturæ historias eleganter & graphice repræsentantes. Biblische Figuren/ darinnen die Fürnembsten Historien/ in Heiliger und Göttlicher Schrifft begriffen/ Gründtlich und Geschichtsmessig entworffen/ zu Nutz und Belustigung Gottsförchtiger und Kunstverständiger Personen artig vorgebilget [sic] / an Tag gegeben durch Matthaeum Merian von Basel; Des Newen Testaments … Fürnembste Historien, Basel 1629; Kapitel XXXII.

Literaturhinweis: Meinolf Schumacher, Ärzte mit der Zunge. Leckende Hunde in der europäischen Literatur, Bielefeld: Aisthesis-Verlag 2003.

Selbstverständlich wird die Wunden heilende Zunge in den mittelalterlichen Bestiarien geistlich ausgelegt:

Die Zunge des Hundes heilt eine Wunde, wenn er sie leckt. […]. Dem Hunde gleichen in gewisser Hinsicht die Prediger, die immer durch Mahnungen und durch richtiges Leben die Nachstellungen des Teufels abweisen, damit dieser nicht den Schatz Gottes, das sind die Seelen der Christen, raubt und wegreißt. Die Zunge des Hundes heilt, wenn sie die Wunde leckt: da die Wunden der Sünde in der Beichte bloßgelegt werden, werden sie durch die Zurechtweisung der Priester gereinigt. Auch die Eingeweide des Menschen heilt die Zunge des Hundes, weil die Geheimnisse des Herzens oft durch Werk und Wort eines Lehrers gereinigt werden.

Franz Unterkircher, Bestiarium. Die Texte der Handschrift Ms. Ashmole 1511 der Bodleian Library Oxford in lateinischer und deutscher Sprache, Graz: Akademische Druck- und Verlags-Anstalt 1986 (Interpretationes ad codices 3); zu fol. 28 verso

Vgl. unten den Abschnitt zu den allegorischen Auslegungen.

❑ In der »Legenda Aurea« (Cap. 108) heißt es vom hl. Dominikus († 1221), dass seine Mutter vor seiner Geburt in einem Traum ein Hündlein in ihrem Leib sah, das eine brennende Fackel im Mund hatte; damit habe es nach der Geburt die ganze Welt entzündet: Cujus mater ante ipsius ortum vidit in somniis se catulum gestantem in utero, ardentem in ore faculam bajulantem, qui egressus ex utero totam mundi machinam incendebat. – Das wird auf die außerordentliche rhetorische Befähigung des Gründers des Predigerordens bezogen.

Ein Fresko in Santa Maria Novella in Florenz (Mitte 15. Jh.?) zeigt die Dominikaner mit Hunden – gemeint ist eine allegorische Selbstdarstellung als "domini canes" (pseudo-etymologisiert als Hunde des Herrn), welche die erjagten Füchse (Allegorie für die Feinde des Christentums; vgl. Lukas 15,32: Herodes als Fuchs) totbeißen:

❑ Im Maul der Hunde-Brüder. Heinrich Seuse O.P. (um 1295 – 1366) erlebt dies:

Do mornend ward na der mess, und er in der cell sass trurig und verdahte uf disú ding und in fror, wan es winter was, do sprach neiswas in ime: “tuo uf der celle venster, und luog und lern!” Er tet uf und luoget hin: do sah er einen hund, der lúf enmitten in dem krúzgang und truog ein verschlissen fuosstuoch umbe in dem munde, und hat wunderlich geberde mit dem fuostuoch; er warf es uf, er warf es nider, und zarte löcher dar in. Also sah er uf und ersufzet inneklich, und ward in ime gesprochen: “reht also wirst du in diner bruoder munde.” Er gedaht in im selb: “sid es anders nút mag gesin, so gib dich dar in, und luog eben, wie sich daz fuosstuoch swigende úbel lat handlen; daz tuo och du!” Er gie hin ab, und behielt daz fuostuoch vil jaren als sin liebes kleined [Kleinod] , und so er wolte us brechen mit ungedult, so nam er es her fúr, daz er sich selb dar inne erkandi und gen menlich stille swigeti. Vita, Kap. 20, hg. K.Bihlmeyer, Stuttgart 1907, S.58, vgl. Grosses Briefbuch, Brief XII, S. 443.

 

Bild: Stiftsbibiothek Einsiedeln, Codex 710 (322) (ca. 1490); Fol. 77verso (Ausschnitt. Dass der Hund schwarz-weiß gescheckt ist, verweist auf das Ordenshabit der Dominikaner; diese "domini canes" ≈ Hunde des Herrn sind gemeint. Die beiden Füchse rechts sind Zutat des Illustrators; vgl. die Anmerkung oben zum Fresko in Florenz). Text: Ein fuoßtuoch sol man hin werfen den hunden vff den mist wan es erelos vnd unsuber ist Das fuostuoch sol sich nit weren Es sol sich von billich lan mengtlich [zu Recht lassen jedermann] zerzerren.

Erhard Schoen (1491–1542) hat (um 1525) ein Flugblatt geschaffen mit dem Titel »Das Münich vnd Pfaffen Haid, Niemand zu lieb noch zu laid«. Gezeigt wird eine allegorische Jagd, bei der teuflische Gestalten Menschen in den Höllenschlund treiben. Vier der Jagdhunde tragen Hüte. Wer ist gemeint?

Ganzes Bild ganz mit (nicht weiterführendem) Text > http://www.zeno.org/nid/20004286472

Hunde als Begleiter bei der Jagd

❑ In Jagdtraktaten erscheinen Hunde, wie nicht anders zu erwarten, als Helfer der Jäger:

Künstliche Wolgerissene Figuren und Abbildunge Etlicher Jagdbahren Thieren/ und andern zu Lustigem Weydwerck gehörenden Stücken. Weiland von den beyden Berühmten vnd Fürnehmen Malern/ Tobia Stimmern und Christoff Maurern zu Zürich/ gerissen: Itz aber/ zu mehr Belustigung/ mit Teutschen Reimen geziehrt vnd erklehrt. Straßburg: Johann Carolus 1605.
> http://diglib.hab.de/drucke/30-9-geom/start.htm

Eugenio Raimondi:

[Eugenio Raimondi] Le Caccie delle Fiere armate e disarmate, e de gl'animali quadrupedi, volatili&acquatici, etc [erschlossen 1630] > GoogleBooks

❑ Jakob bringt seinen Bruder Esau im Tausch gegen ein Linsengericht um sein Erstgeburtsrecht (Genesis 25,29–34). Esau wurde ein jagdkundiger Mann, ein Mann des freien Feldes – Sind hier seine Jagdhunde mit-abgebildet? Oder sollen die Hunde mit ihrer Eigenschaft, oft schmeichelnd mit dem Schwanz zu wedeln, aber unversehens zuzubeißen, das Verhalten Jakobs symbolisieren?

Neue Künstliche Figuren Biblischer Historien/ grüntlich von Tobia Stimmer gerissen: Und zu Gotsförchtiger ergetzung andachtiger Hertzen mit artigen Reimen begriffen durch J. F. G. M . Zu Basel bei Thoma Gwarin, Anno 1576.

In der Geschichte des Aktäon (Ovid, Metamorphosen III, 138–252) wird der Jäger Aktäon, von Diana in einen Hirsch verwandelt, von seinen eigenen Jagdhunden aufgefressen. Ovid sagt mit keinem Wort, dass Aktäon sich falsch verhalten hat, wenn er Diana im Bad überrascht hat; die Hunde – sie sind alle mit ihren Namen genannt! – sind kein Mittel der Strafe (at bene si quaeras, Fortunae crimen in illo, non scelus invenies), sondern verhalten sich ganz natürlich.

Les Metamorphoses d'Ovide, En Latin Et François: Divisées En XV. Livres ; Avec De nouvelles Explications Historiques, Morales & Politiques ... / De La Traduction De Mr. Pierre Du-Ryer, Bruxelles: François Foppens 1677.
> http://daten.digitale-sammlungen.de/bsb00004337/image_1

Mehr Bildmaterial zu Aktäon auf dieser Website

Andrea Alciato hat diese Szene als Emblem verwendet, mit seltsamer Symbolik. (Als wäre Actaeon ein Bösewicht, der sich willentlich als Hirsch verkleidet):

Gegen die, die Halsabschneidern Unterschlupf gewähren

Hier in der lat.-dt. Ausgabe: Kunstbuch, Franckfurt am Main 1567.
> http://www.emblems.arts.gla.ac.uk/alciato/emblem.php?id=A67a117

En novus Actaeon, qui postquam cornua sumpsit,
In praedam canibus se dedit ipse suis

Sich an ein neuwen Actean
Welcher da er die Hörner gewan
Wurd er von seinen eigen Wind
[Hunden]
Zerrissen und gefressen gschwind.

Hirtenhunde – auch wo man sie kaum erwartet …

David hütete gerade die Schafe, als er vom Feld geholt wurde und dann von Samuel gesalbt wurde (1Samuel 16,11; vgl. 17,34). Und so versteht sich diese Darstellung, wo Hund und Hirtenstab am Boden liegen:

Taferelen der voornaamste geschiedenissen van het Oude en Nieuwe Testament, En andere boeken, bij de heilige schrift gevoegt, door de vermaarde kunstenaars Hoet, Houbraken, en Picart getekent, en van de beste meesters in koper gesneden, en met beschrijvingen uitgebreid. ’s Graavenhaage: Pieter de Hondt 1728.

❑ Eines Tages verliefen sich die Eselinnen von Sauls Vater, dieser schickte ihn aus, sie zu suchen. Unverrichteter Dinge begegnet Saul dem Propheten Samuel, der ihn zum König salbt (1.Samuel, Kapitel 9). — Ist der (im Bibeltext nicht vorkommende) Hund auf dem Bild von Johann Jakob von Sandrart (1655–1698) ein Begleiter des Esel-Suchers?

Gantz neue Biblische Bilder-Ergötzung: Dem Alter und Der Jugend Zur Beschauung und Erbauung/ Aus dem alten \ neue[n] Testament angestellet und mitgetheilet: Von Johann Andreæ Endters Seel. Söhnen in Nürnberg [ca. 1700].

❑ Mit dem folgenden Beispiel hüpfen wir bereits zu Kapitel Emblematik:

Minime mutus.

Der Schafhund schweiget nicht, indem er sorglich wacht,
Er gibt auf Heerd und Wolf mit gleichen Augen Acht.
Wer GOttes Heerden soll in seine Sorge fassen,
Der muß die Wächterstimm sorgfältig hören lassen.

Güldene Aepfel in silbernen Schalen, das ist, Worte geredet zu seiner Zeit über 400. Sinnbilder von allerley Zeiten und Umständen des menschlichen Lebens zur Beförderung der Erbauung heraus gegeben von Johann Andreas Pfeffel, Augspurg: Detleffsen 1746; Nr. 72.

Hund in der Mythologie

Damit nicht nur die heidnisch-antiken und biblischen Hunde vorkommen, hier zwei aus der altnordischen Mythologie:

❑ In der »Grímnismál« in der isländischen Lieder-Edda wird Garmr in Strophe 44 als der Beste aller Hunde beschrieben. Leider wird aber nicht mehr gesagt...

Ascr Yggdrasils,        hann er œztr viða,
               en Skíðblaðnir scipa,
Óðinn ása,        en ióa Sleipnir,
Bilrǫst brúa,        en Bragi scálda,
Hábróc hauca,        en hunda Garmr.

Die Esche Yggdrasil,     ist der Bäume erster,
            Skidbladnir der Schiffe,
Odin der Asen,      aller Rosse Sleipnir,
Bifröst der Brücken,      Bragi der Skalden,
Habrok der Habichte,      der Hunde Garm. (übers. von Karl Simrock)

❑ Die lokal verehrte Göttin Nehalennia wird gelegentlich (1. bis 3. Jh.) von einem Hund begleitet dargestellt; sie ist den Mythologen ein Rätsel, vgl. die Literaturhinweise in > wikipedia.

Votivstein in Domburg, nach Janssen 1845.

Hunde in der Tiefabel und in der Emblematik

Fabeln übertragen bekanntlich (echte oder darauf projizierte) charakteristische Züge (z.B. die Listigkeit des Fuchses) und phantasierte Handlungen (Wolf und Lamm am Bach) von Tieren auf menschliche Verhaltensweisen und(Un-)Tugenden; im Epimython wird das Imaginierte in eigentliche Rede umgesetzt.

Die Emblematik profitiert oft von Fabeln.

❑ ❑ ❑ Zuerst werden einige Fabeln/Embleme mit Auswertung von positiven Eigenschaften gezeigt.

❑ Die Gelehrsamkeit wird moralisch gedeutet von Johann von Schwarzenberg (1463–1528):

Merck eben dises hunds figur/
    Wie er hyetzt wider sein natur
Auff zwayen füssen geet daher/
    Gewonheyt macht jm solchs nit schwer.
Also guot vbung bey der zeyt/
    Macht angeporner laster queit
[von mhd. quit ≈ frei von]
Daumb wie ein yeder alten will/
    Deß felyß er sich von jugent vil.

Das Büchle Memorial/ das ist ein angedänckung der Tugend/ von herren Johannsen vonn Schwartzenberg jetzt säliger gedächtnuß/ etwo mit Figuren und reimen gemacht, Augsburg: Steiner 1534; Fol. CXLIII verso

❑ Auf den guten Geruchssinn spielt Ludovicus van Leuwen an: Die Seele wird vom Hund zur Betrachtung Gottes geführt, ohne geistige Bemühung (das bedeutet die Augenbinde), einzig durch den Glauben, unmittelbar durch den ›Geruch‹ der Liebe (odor dilecti):

Trahe me post te, curremus [so weit Cantica 1,3*] in odorem dilecti.
*Die Braut im Hohenlied verströmt den Geruch von köstlichem Salböl; aber eher nicht für Hunde. Der Rest des Satzes ist nicht biblisch.

Canis est symbolum odoris, odor est symbolum fidei; anima hoc cane ducitur, quae nudâ fide absque ullâ intellectus operatione, immediatè per ardorem amoris mouetur ad contemplandum Deum […]

Amoris divini et humani antipathia, sive effectus varii, e variis sacrae scripturae locis deprompti. Emblematis suis expressi... Editio II aucta et recognita. Les effects divers de l'amour divin et humain richement exprimez par petits emblemes, tirez des SS. Escritures et des SS. Pères et illustrez par vers françois, espagnols et flamends, [Antverpiae] 1629, 1, Buch, Emblem Nummer XXXIII auf Seite 152ff. (falsch als 142 paginiert)
> http://catalogue.bnf.fr/ark:/12148/cb39338349v
> https://www.dbnl.org/tekst/leuv001amor01_01/leuv001amor01_01_0084.php

Julius Wilhelm Zincgref (1591–1635): Eher werde ich mein Leben aufgeben.

POTIUS CESSERO VITA

Mir ist vertrawt meins Herren Gut/
Daß halt ich wol in acht vnd hut/
Viele ehe man mir das Leben nimt/
Solch trew eim frommen Diener zimt.

Julius Wilhelm Zincgref, Sapientia Picta. Das ist/ Künstliche Sinnreiche Bildnussen und Figuren; darinnen denckwürdige Sprüch und nützliche Lehren im Politischen und gemeinen Wesen durch hundert schöne newe Kupfferstück vorgebildet/ entworffen/ und durch teutsche Reymen … Franckfurt: Marschall 1624.
> http://diglib.hab.de/drucke/li-6643-2/start.htm

Abraham a Sancta Clara (1644–1709) singt ein Loblied auf die vielen Fähigkeiten der Hunde, das er beschließt mit der Sentenz:

Ihr Menschen stellt euch doch zur Schul/ bey Hunden ein/
Und lernt/ wo sonsten nichts/ doch treu die Menschen seyn.

Huy! und Pfuy! Der Welt. Huy/ Oder Anfrischung Zu allen schönen Tugenden: Pfuy Oder Abschreckung Von allen schändlichen Lastern, Nürnberg: Weigel, 1707
> http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:23-drucke/xb-4f-5051

❑ Wertneutral tritt der Hund in diesem Emblem auf, das formuliert: Es hält den Lauf kein Bellen auf. (Le chien aboie, la caravane passe. Esperanto: Hundo bojas, homo vojas.)

Johann Arndts weiland Generalsuperintendents des Fürstenth. Lüneburg Sechs Bücher vom wahren Christenthum nebst desselben Paradisgärtlein. Mit neuinventirten Kupfern und Erklärungen derselben, wie auch neu dazu verfertigten Gebetern und einer Vorrede herausgegeben von D. Adam Struensee, […], Halle: J. J. Gebauer 1760. Nummer 18

❑ ❑ ❑ Moralisationen von dummen oder bösen Hunden.

❑ Der ausgehungerte Hofhund begibt sich auf eine Burg; dort wird er zunächst von den Hetzhunden geduldet. Er schmeichelt ihnen, schnappt Knochen auf, die von ihnen verschmäht werden. So kommt er zu Kräften; und während die Hetzhunde längere Zeit auf der Jagd sind und abgemattet heimkommen, hat er sich vollgefressen und wird anmaßend, überlegen. — So diejenigen, die niedriger Herkunft sind und sich eine herrschaftliche Position ergaunern...

Der Stricker (gest. um 1250), Fabeln und Erzählungen. Herausgegeben und übersetzt von Otfried Ehrismann, Stuttgart: Reclam 1992 (RUB 8797), Nr. 6 = S.53–59.
> http://www.fabelnundanderes.at/der_stricker.htm#Der_Hofhund_und_die_Jagdhunde

❑ In dieser Fabel zeigt der Hund, das man sein eigenes Gut verliert, wenn man nach fremdem hascht:

Der Hund, der Fleisch über den Fluss trägt, dieses im Spiegel des Wasser sieht und begierig danach schnappt, so dass er den Brocken verliert. Amittit merito proprium qui alienum appetit. (Phaedrus, Buch I, Fabel 4)

Holzschnitt von Virgil Solis aus: Fabulæ variorum auctorum nempe Aesopi s. graeco-latinae CCXCVII. ... Phaedri fabulae XC. Opera & Studio Isaaci Nicolai Neveleti, Francofurti: apud Christ. Gerlach & Sim. Beckenstein MDCLX.

Andrea Alciato (1492–1550) hat schon in der ersten Sammlung (Augsburg 1531) dieses Embelem: Alius peccat, alius plectitur (Der eine handelt sträflich, der andere wird gestraft.)

Ein hunnd mit grossem zoren beyst
Den stain so im wird gworffen nach,
An den er billich aller meyst
Solt zurnen, da ist im nit gach:
Also suecht mancher grosse rach
Zu dem, der nicht umb in verschuldt,
Allein das er arm, bloß und schwach:
Da zorn het stat, tregt er gedult.
(Übersetzung von Wolfgang Hunger)

Andreae Alciati Emblematum libellus, Paris Wechel, 1542
> http://www.emblems.arts.gla.ac.uk/alciato/emblem.php?id=A42b070

Übernommen von Jacob Cats (1577–1660) in: Spiegel van den Ouden ende Nieuwen Tijdt, 1632 u.ö.

De hondt bijt den steen / en niet die hem werpt — mit weitschweifigen Ausführungen....

Inanis Impetus

Emblemata Andreae Alciati …, cum facili & compendiosa explicatione, per Claudio Minoeum. Leiden, Plantin-Raphelengius, 1599. (Holzschnitt von Lucas d’Heere 1534–1584)

In der Übersetzung von Jeremias Held:

Vergebne mühe.

Als den Mon sach der Hund zu nacht
Und sich drinn als im Spiegel gdacht
Er es wer eins anderß Hunds Bild
Sprang ubersich und stalt sich wild
Aber sein bellen gieng in lufft
War vergebens und gar ein dufft
Der Mon dannoch sein lauff verricht
Last in bellen als ghör ers nicht.

LIBER EMBLEMATUM. Kunstbuch Andree Alciati von Meyland, […] verteutscht und an tag geben, durch Jeremiam Held von Nördlingen, mit schönen, lieblichen, neuwen, kunstreichen Figuren geziert und gebessert. Franckfurt am Mayn, M.D.LXVI
> https://www.emblems.arts.gla.ac.uk/alciato/emblem.php?id=A67a131

❑ Undankbarkeit ist das größte Laster

Links oben wird der Kuckuck gezeigt, der seine Eier der Grasmücke unterschiebt, die sie ausbrütet; und wenn der Bastard ausfliegt, verschlingt er seine Pflegemutter. — Das Hauptbild zeigt einen Hund, der den Mann beißt, der ihn aufgezogen hat:

Also thuot es noch mangem gon
das jhn der hund jinn dwaden beißt
Den er vor von seim tisch hatt gespeißt.

Matthäus Holtzwart, Emblematum Tyrocinia, sive picta poesis Latinogermanica, das ist eingeblümete Zierwerck oder Gemälpoesy innhaltend allerhand Geheymnußlehren durch kunstfündige Gemäl angepracht und poetisch erkläret, Straßburg: B.Jobin 1581.
> http://diglib.hab.de/drucke/t-355-helmst-8f-2/start.htm

Jacques Lagniet (1620 ? –1675):

Comme le chien pisse a toute heure
Ainsi la femme rit et pleure

Recueil des plus illustres proverbes, divisés en trois livres, le premier contient les proverbes moraux, le second les proverbes joyeux et plaisans, le troisième représente la vie des Gueux en proverbes... A Paris [undatiert; 1657? 1663?].

❑ Am selben Knochen nagen:

Invidia amoris comes — Neid ist der Liebe Gesell.

Verliebte sein voll Neid, und können nicht ertragen,
    Wann bey der Glatheé auch andre schleichen ein:
Sie meinen: wie 2 Hund an einem Bein nicht nagen,
    So muß in einem Dorf auch nur ein Pfeiffer sein.

Philip Ayres (1638–1712) / Otto van Veen (1556–1629): Triumphus amoris, de cunctis universi hujus incolis actus, emblematibus ac symbolis Latinis, Italicis, Gallicis, Germanicis, oculis exhibitus. Oder: Die über den gantzen Erd-Cräisz triumphirende Liebe, in nachdencklichen Sinn-bildern neben sehr curiosen lateinischen, italianischen, französischen und teutschen Bey-sprüchen auch kurtzweiligen Versen fürgestellet, Augspurg: Bey Joseph Friderich Leopold 1695.

Cupiditas amoris — Convoitise de l’Amour

(Das lateinische Wort cupiditas hat ein breites Bedeutungsspektrum: leidenschaftliches Verlangen, Gelüst, Habsucht, Begeisterung ... Wenn die unersättliche Gefräßigkeit des Hundes Bildspender ist, so ist wohl der negative Aspekt gemeint:)

Ludovicus van Leuven, Amoris divini et humani antipathia (1629) 1.Teil, Nr. 30
> https://emblems.hum.uu.nl/compare.html?left=ad1629_1_015&right=el1703032

Res immoderata, Cupido est. – Die Liebe ist maßlos

Le chien, le ieu, l'Amour, le feu,
Ne sont iamais contents de peu.

Im dazugehörigen Prosatext wird unter anderem – leicht variiert – ein Brief von Seneca zitiert (Ep. VIII, 72, 8):

vidisti aliquando canem missa a domino frusta panis aut carnis aperto ore captantem? […]

Hast du einmal gesehen, wie ein Hund nach Brot- oder Fleischbrocken, die ihm sein Herr hinwirft, mit offenem Maule schnappt? Was immer er erhascht hat, sofort schlingt er es ungekaut hinunter und sperrt, stets in Hoffnung auf weiteres, das Maul auf. ebenso geht es uns: Was immer uns … das Schicksal zugeworfen hat, das würgen wir ohne Genuss hinunter, sofort auf weitere Beute gespannt und versessen.

❑ Die blutdürstige Zunge der Hunde:

Im Kapitel Lingua calumniatrix (Die Zunge als Rechtsverdreherin) steht das Emblem XLIII. Nunuqam non ebria sanguine (Nie nicht trunken von Blut):

Antoine de BOURGOGNE / Abraham VAN DIEPENBEECK Linguae vitia & Remedia emblematice expressa Antuerpiæ: Apud vidua Cobbaert 1652.
> https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k15193682

Nunquam non ebria sanguine

Ut canis est nunuqam non ebria sanguine, crudus
    Quam lanio cæsæa viscere nutrit ovis.
Sic alit integræ lanius quam rabula (a) famæ
   Innocuo semper sanguine, Lingua madet.

(a) Habet longam P. And. Frusius.

Wie der Hund jederzeit blutdürstig ist,
    Welchen der Metzger mit den Eingeweiden des geschlachteten Schafes füttert,
So sorgt der Henker wie der Rechtsverdreher (a) unbefleckten Rufes für Futter
    von unschuldigem Blut immer, die Zunge ist <davon> nass.

(a) Es hat eine lange P. Andreas Frusius

Kommentar von Thomas G. in W. (von dem auch die Übersetzung stammt; einmal mehr besten Dank!:) Mit lanio und lanius bezeichnet man klassisch Metzger und Henker synonym, doch ist lanius seltener, wirkt gehobener als lanio mit dem -o der Handwerker, etwa mulio, Maultiertreiber. Ich denke, dass Antonius B. das zeigen will. Zu rabula hat er eine Anmerkung (a), die auf ein Epigramm des Andreas Frusius gegen Luther führt. Was ist mit P. gemeint?

❑ Wolf und vom Hund:

Lafontaine (1621–1695) erzählt die antike Fabel vom Wolf und vom Hund so:

Un Loup n’avait que les os et la peau,
… rencontre un Dogue aussi puissant que beau .....

In der Übersetzung von Ernst Dohm (1813–1883):

I, 5. Der Wolf und der Hund

Ein Wolf, der nichts als Knochen war und Haut –
Dank guter Wacht der Schäferhunde –
Traf eine Dogge einst, die, stark und wohlgebaut,
Glänzenden Fells und feist, just jagte in der Runde.
»Ha!« dachte Meister Isegrimm
»Die so zum Frühstück, wär’ nicht schlimm!«
Doch stand bevor ein Kampf, ein heißer,
Und unser Hofhund hatte Beißer,
Gemacht zu harter Gegenwehr.
Drum kommt der Wolf ganz freundlich her
Und spricht ihn an, so ganz von ungefähr,
Bewundernd seines Leibes Fülle.
»Die, lieber Herr, ist’s Euer Wille«
Erwiderte der Hund »blüht Euch so gut wie mir!
Verlaßt dies wilde Waldrevier;
Seht Eure Vettern, ohne Zweifel
Nur dürft’ge Schlucker, arme Teufel,
Sie lungern hier umher, verhungert, nackt und bloß!
Hier füttert keiner Euch, Ihr lebt nur – mit Verlaub –
Vom schlechtesten Geschäft, dem Raub.
Drum folgt mir, und Euch winkt – glaubt nur – ein besser Los.«
»Was« sprach der Wolf »hab’ ich dafür zu leisten?«
»Fast nichts!« so sagt der Hund. »Man überläßt die Jagd
Den Menschen, denen sie behagt,
Schmeichelt der Dienerschaft, doch seinem Herrn am meisten.
Dafür erhält die nicht verspeisten
Tischreste man zum Lohn, oft Bissen leckrer Art
Hühner- und Taubenknöchlein zart,
Manch andrer Wohltat zu geschweigen!«
Schon träumt der Wolf gerührt vom Glück der Zukunft, und
Ein Tränlein will dem Aug’ entsteigen;
Da plötzlich sieht er, daß am Halse kahl der Hund.
»Was ist das?« fragt er. »Nichts!« »Wie? Nichts?« »Hat nichts zu sagen!«
»Und doch?« »Es drückte wohl das Halsband hier mich wund,
Woran die Kette hängt, die wir mitunter tragen.«
»Die Kette?« fragt der Wolf. »Also bist du nicht frei?«
»Nicht immer; doch was ist daran gelegen?«
»So viel, daß ich dein Glück, all’ deine Schwelgerei
Verachte! Bötst du meinetwegen
Um den Preis mir ’nen Schatz, sieh, ich verschmäht’ ihn doch!«
Sprach’s, lief zum Wald zurück flugs und – läuft heute noch.

Lafontaines Fabeln, Übersetzt von Ernst Dohm, Berlin: Georg Bondi 1913.
> https://www.projekt-gutenberg.org/fontaine/fabeln1/chap006.html

Grandville (1803–1847) visualisiert den Text 1838 so, dass die Übertragung von den Tieren zu den (damit gemeinten) Menschen insinuiert wird:

Fables des La Fontaine. Illustrations par Grandville, Paris: Garnier 1852 (= dritte Ausgabe).

 

Bedeutsame Hunde in der fiktionalen Literatur

 

Gottfried von Straßburg, »Tristan und Isolde« (um 1210). Das Zauberhündchen Petitcreiu

Luise Gnädinger, Hiudan und Petitcreiu. Gestalt und Figur des Hundes in der mittelalterlichen Tierdichtung, Zürich 1971.

http://mediaewiki.de/wiki/Das_Zauberhündchen_Petitcreiu.....

Marie von Ebner-Eschenbach, »Krambambuli« (1883)
        > http://www.zeno.org/nid/20004719778

Theodor Fontane, »Effi Briest« (1894/1895): Der Hund Rollo

Thomas Mann, »Herr und Hund« (1919): Der Hund Bauschan

Michael Mann, Allegorie und Parodie in Thomas Manns Idyll "Herr und Hund". in: Monatshefte Vol. 57/7 (1965), S. 336–342.

Goethe, Faust I (erster Druck 1806): Beim Osterspaaziergang mit dem Famulus Wagner begegnet den beiden ein Pudel. Faust bemerkt, dass ein Feuerstrudel hinter dem Hund herzieht, was Wagner als Augentäuschung abtut. usw.

Faust nimmt den Hund mit ins Studirzimmer:

Sey ruhig Pudel! renne nicht hin und wieder!
An der Schwelle was schnoperst du hier?
Lege dich hinter den Ofen nieder,
Mein bestes Kissen geb’ ich dir.

Knurre nicht Pudel! Zu den heiligen Tönen,
Die jetzt meine ganze Seel’ umfassen,
Will der thierische Laut nicht passen.

Dann aber verwandelt sich der Hund in Mephistopheles. Das also war des Pudels Kern!

Friedrich August Moritz Retzsch (1779–1857), Umrisse zu Goethe's Faust, gezeichnet von Retsch [sic], Stuttgart und Tübingen: Cotta 1816.
> http://haab-digital.klassik-stiftung.de/viewer/epnresolver?id=1265089868

Die germanistische Forschung tut sich schwer mit dem in Gestalt eines Hundes auftretenden Teufel, vgl. den Kommentar von Albrecht Schöne zum Faust (Dt.Klassiker-Verlag 1999); zu Vers 1147ff. Ein (inhaltlich umgedeutetes – dieser Hund verwandelt sich nicht in den Teufel) Vorbild von Goethe könnte diese Stelle gewesen sein:

Von D.Fausti Hund/ Præstigiar genannt

D Faustus lächelte hierüber/ und fragte den Graven wie ihme der Hund gefiele/ darauf er geantwortet/ er möchte ihn wol noch einmal sehen: zur Stund ruffte Faustus dem Hund/ der kame bald/ und sprang auf die Banck; seine Augen aber waren ganz feuerroht und fast greulich / und ob er wol schwarz zotticht war/ jedoch wenn er ihm mit seiner Hand über dem Rucken herfuhre/ so veränderte sich gleichsam selbige Farb/ worüber <er> der Grav sich in etwas entsetzte/ und bey sich bedachte/ es gienge darmit nicht natürlich her; schwiege doch stille: sahe auch zugleich hernach von selbigem Hund mancherley possierliche Sprünge und andere Gauckeley allermassen auch ebenmässiges D Faustus mehrmals hernacher und in Gegenwart anderer mit dem Hund getrieben.

Das ärgerliche Leben und schreckliche Ende des viel-berüchtigten Ertz-Schwartzkünstlers D. Johannis Fausti, Erstlich, vor vielen Jahren fleissig beschrieben von Georg Rudolf Widmann [1599]; Jetzo, aufs neue übersehen, und ... vermehret durch J. N. Fitzerum [Johann Nikolaus Pfitzer, 1634–1674?]. Nebst vorangefügtem Bericht C. W. Platzii ... von der greulichen Zauberey-Sünde; .... Nürnberg: Endter 1681. 25. Kapitel (S.170ff)

> https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb10063125?page=5
> http://www.zeno.org/nid/2000548037X

Moralische Ausdeutungen

Von der Antike über die Patristik und das Mittelalter bis in die Barockzeit waren moralische Auslegungen mittels Allegorese üblich.

Aegidius Albertinus, S.J. (um 1560 – 1620). Es handelt sich um Auszüge aus dem »Reductorium morale« von Petrus Berchorius (Ende 13.Jh. – nach 1361) in deutscher Übersetzung.

S. 181: Wie auch der Hund/ wann er ein Wiltpret riechet und verrahtet/ alßdann ihm zu Landt und zu Wasser nachjaget vnd eß angreiffet/ also/ wann der Prediger in etlichen Leuten das Wiltpret der Sünd und Lastern schmecket/ soll er sie vermittelst der Predig anbellen/ jhre heimbliche Schliffwinckel entdecken/ vnd sie durch das Wasser der Barmhertzigkeit vnd Andacht/ vnnd durch das Landt der pænitentz vnd Bueß verfolgen und vertreiben.

S. 185: Die edle Jagthund haben wenig fleisch/ wenig haar/ dünne vñkrumpe Schwäntz/ braite Brüst/ dünne Bäuch vnd Nägel/ gesschmeidige Bain vnd lange ohren/ welches alles die andere Riedt- oder Bawrenhunde nit haben/ Eben diser vnderschid wird gefunden zwischen den guten vnd bösen Christen/ vnnd sonderlich den Religiosen. Dann die leporarij, die Jagthund/ das ist/ die Edle vnd Tugentsame Männer/ haben nit so vil fleisch/ das ist Wollustbarkeiten sonder seynd mager durchs fasten/ vnnd haben kurtze Haar durch die eigenwillige Armuth: haben geschmeidigere Füß/ vermittelst deß willigen vnd geschwinden gehorsambs: haben kürtzere vnd krumpe schwäntz/ das ist ein kürzeres Leben vermittelst der betrachtung deß geschwind herzu lauffenden Todts/ vnd vermittetst der Demut: Haben offne Mäuler/ vermittelst deß Predigens/ singens vnd dancksagens: Haben auch lengere Ohren/ vermittelst des gehorsamens vnd vnderwerffens.

Der Welt Tummel= und Schaw-Platz. Sampt der bitter=süssen Warheit. Darinn mit einführung viler schöner und fürtrefflicher Discurscen, nit allein die Natürliche, sondern auch Moralische und sittliche Eigenschafften und Geheimnussen der fürnemsten Creatuen und Geschöpf sehr lustig, Geist= und Politischer Weiß erklärt, und auf die Weltläuf gezogen werden. … Getruckt zu München, bey Nicolao Henrico MDCXIII, in Verlegung Hansen Krugern.

Willibald Kobolt O.S.B. (1676–1749):

Den Fleiß und die Wachtsamkeit mögen die Prediger und Seelsorger füglich von den Hunden ersehen: dann sie sollen Sorg tragen und wachtbar seyn / als wie die gute Hund über die ihnen anvertraute Heerd und Häuser / die Wölff und Nacht-Dieb / das ist / den höllischen Feind und verführerische Gesellen sollen sie darvon abtreiben und abhalten. Absonderlich wann die Leuth schlaffen / ist es nothwendig / daß die Hund wachen / und auch absonderlich / wann die Menschen in dem Sünden-Schlaff vertiefft seynd /oder in der Trägheit oder Hinläßigkeit schlummeren /da ist es nothwendig / daß die Prediger und geistliche Obere wachtbar und fleißig seyen mit dem Gebett /und mit der Lehr über sie Sorg tragen / sie beschützen / von dem Schlaff aufwecken / und verhüten / daß nicht ferners der böse Feind das Unkraut unter den Waitzen säe / das ist / die / so noch gerecht seynd /auch verführe / zu diesen hat der Apostel gesprochen: Tu vigila, in omnibus labora: Sie sollen wachtbar seyn / und arbeiten für das Heyl ihrer anvertrauten Schäflein.

, Die Groß- und Kleine Welt, Natürlich-Sittlich- und Politischer Weiß zum Lust und Nutzen vorgestellt, Das ist: Der mehrist- und fürnemsten Geschöpffen natürliche Eigenschafften, und Beschaffenheit, auf die Sitten, Policey und Lebens-Art der Menschen ausgedeutet. …. Augsburg 1738. Das ganze Kapitel zum Hund hier > http://www.zeno.org/nid/20005181534

• Hier ein Beispiel dafür, aus welchen Gründen der Hund den Prediger symbolisieren kann – und es gibt noch viele andere Bedeutungen!
Zuerst wird (mit lat. Propter … oder Quia …) das Vergleichsmerkmal angegeben, sodann eine stützende Bibelstelle, z.Bsp.:

6. Propter luporum odium, Psal.118. Iniquos odio habui.
6. Wegen dem Hass auf die Wölfe, Ps. 118 [Vg.],113: Ich hasse die Ungerechten.

Hermann Heinrich Frey, Therobiblia. Biblisch Thierbuch / darinne alle vierfüßige / zahme / wilde / gifftge und kriechende Ther / Vogel vnd Fisch (deren in der Bibel meldug geschiht) sampt jren Eigenschafften vnnd anhangenden nützlichen Historien beschrieben sind. Mit der alten vnd newen Kirchenlehrer Außlegungen fleissig erkleret […] Leipzig: Johann Beyer 1595; Fol. 113 verso.

Reprint mit Vorwort und Registern, hg. Heimo Reinitzer, Graz: ADVA 1978.

• Der kathol. Geistliche Johann Lorenz Helbig (1662–1721) hat eine umfängliche Predigt-Sammlung unter den Titel gestellt:

Anatomia Canis Mystica Et Moralis, Das ist: Die Eigenschafft eines Hunds, gut und böse, Durch Sonntägliche Predig-Concept Auff Tugend und Laster, welche ein Christen-Mensch, sein Seelen-Heyl zu erwerben, üben und meyden solle also gerichtet, daß auf jeden Sonntag das Erste Concept von einer Eigenschaft des Hunds den Eingang machet, [2 Bände], Nürnberg [u.a.]: Lochner 1720.
> http://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb11056601-5

Barthold Heinrich Brockes (1680–1747) beobachtet seinen Hund, der gewisse Schönheiten nicht wahrnimmt:

Mops.

Um mich, nach vollbrachter Arbeit, wieder etwas zu erfrischen,
Setzt' ich mich zur Frühlings-Zeit, jüngst bey blüh'nden Rosen-Büschen:
Und es setzte Mops, mein Hund, sich von ungefehr zu mir.
Ich ergetzte mich von Hertzen an der schönen Staude Zier,
Brach von allen eine Rose, deren Farb' am schönsten spielte,
Mit vergnügten Fingern ab.
Wie ich nun von ungefehr Mops sie vor die Augen hielte,
Und sie ihm zu riechen gab;
Kehrt' er Kopf und Schnautze weg. Ach! fiel mir hierüber ein:
Handeltest du, lieber Mops, so mit Bluhmen doch allein!
Aber so lässt mancher Mensch der Geschöpfe Schmuck und Pracht,
Mit nicht minder schneller Abkehr seiner Sinnen, aus der Acht;
Wollt ihr denn, vernünftge Menschen, Gottes Wercke, die so schön,
Anders nicht, als wie die Hunde, riechen, hören, schmecken, sehn?

Barthold Heinrich Brockes, Irdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten, Vierter Theil, Hamburg: König und Richter 1735, S.81.

Vgl das ausführliche Lob des Hunds bei Barthold Heinrich Brockes: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg 1748. S.269ff.
> https://www.deutschestextarchiv.de/book/view/brockes_vergnuegen09_1748?p=289

Allegorische Zutaten bei Personifikationen

❑ Bei Cesare Ripa (* um 1555 – 1622) trägt Fedeltà in weißem Gewand einen Siegelring und einen Schlüssel in den Händen; ihr zur Seite ein Hund. Den Hund bezieht Ripa auf unter anderem eine Geschichte bei Plinius (Nat. Hist. VIII,lxi,145) über Titus Labienus (falsch für Titus Sabinus), wo sich einer der Hunde nicht vom Kerker des Gefolterten wegtreiben ließ und auch nicht vom Leichnam des Hingerichteten, und in Gegenwart einer Menge römischen Volkes ein jämmerliches Geheul ausstieß usw.

Iconologia Overo Descrittione Di Diverse Imagini cavate dall'antichità, & di propria inuentione, Roma 1603.

(Mehr zu C.Ripa hier)

Negative Wertungen

In der Bibel sind die Hunde meist negativ gewertet (vgl. den Artikel von Peter Riede).

❑ In Psalm 22 [Vulgata 21],17 werden die Feinde des Beters mit Hunden verglichen, die diesen umringen. Dieser Psalm ist das Sterbegebet Christi (Matthäus 27,46) und deshalb wird diese Stelle in der typologischen Bibelbetrachtung auf Szenen der Passion Christi bezogen.

Hier die Illustration zu diesem Psalm im Stuttgarter Psalter (Württembergische Landesbibliothek. Cod.bibl.fol.2) > http://digital.wlb-stuttgart.de/purl/bsz307047059

Quoniam circumdederunt me canes multi.

Mittels allegorischer Auslegung werden diese Hunde auf diejenigen bezogen, die die von Jesus verkündigte Lehre nicht hören wollten. Cassiodor (ca. 485 – ca. 580) schreibt in seinem Psalmenkommentar: Die Natur der Hunde ist es, dass sie ihnen unbekannte Menschen nicht akzeptieren wollen, sondern mit anhaltendem Gebell fernhalten. Hic ergo Judaei iustissime comparantur, qui novam doctrinam domini minime recipientes contra eum ferocissimis vocibus oblatrabant.

Notker († 1022) kommentiert – Cassian folgend – den Psalmvers 21,17 Quoniam circumdederunt me canes multi. ≈ Vuanda hunda manige umbe-hálbaton mih. so:

Hunda fóne diu [deshalb]. uuanda sie nouitatem (selsâni) hazent. Nouum testamentum . noua precepta (gebót) hazent sie . also hunda házent nouos unde ignotos homines (seltsâne unchunde ménniscon). (Ausgabe Edward Sehrt, III/1 = ATB 40, S.110)

Hier die Darstellung der Dornenkrönung von Lucas Cranach (1509), mit Anspielung auf die Psalmstelle:

Quelle: zeno.

Bei Matthäus 27,26 steht: Jesus aber ließ er [Pilatus] geißeln und lieferte ihn aus zur Kreuzigung. (vgl. Markus 15,15f.) Im Bild von Jost Amman ist wohl Pilatus links zu sehen. — Möglicherweise ist der Hund in der Nähe von Pilatus nicht nur als Herrschafter-Insignie (vgl. unten) gemeint, sondern assoziativ an diese Psalmstelle anzuschließen.

Icones novi testamenti, Arte Et Industria Singulari Exprimentes, Tum Evangeliorum Dominicalium argumenta, tum alia quamplurima, in Evangelistarum & Apostolorum scriptis eximia, quae, ne muta essent, sua quoque tam Latina, quam Germanica carmina, singulis Iconibus adiuncta, habent […], Francofurti ad Moenum: Feyerabendt 1571.
> http://daten.digitale-sammlungen.de/bsb00024383/image_208

❑ Der zwölfjährige Jesus im Tempel mitten unter den Lehrern. Das Lukasevangelium (2,46–52) nennt hier keine Hunde. — Assoziieren könnte man die Stelle 1.Samuel 17,43. Da fragt der riesige Goliat seinen Gegner Daniel »Bin ich denn ein Hund?«, verflucht den ungerüsteten Hirtenjungen und wird dann von ihm tödlich getroffen.

Die Jesus zuhörenden Lehrer (Vulgata: doctores) sind auch nicht gerade vorteilhaft gezeichnet.

[Hans Wechtlin zugeschriebener Holzschnitt in: Johannes Geiler von Kaysersberg] Doctor keiserszbergs Postill Vber die fyer Euangelia durchs jor, sampt dem Quadragesimal vnd von ettlichen Heyligen newlich vßgangen, Straßburg, 1522. Fol. XXI
> http://daten.digitale-sammlungen.de/bsb00071017/image_45

Auf sie [die Irrlehrer, die Christus erkannt hatten, sich aber von ihm wieder abwandten] trifft zu, was das Sprichwort zu Recht sagt: Ein Hund kehrt zu seinem Auswurf zurück. (2.Petrus 2,22)

(Aus Spr. 26,11 Wie ein Hund, der zu seinem Erbrochenen zurückkehrt, so ist ein Dummer, der seine Torheit wiederholt.)

Kupfer-Bibel, in welcher die PHYSICA SACRA, oder geheiligte Natur-Wissenschafft derer in Heil. Schrifft vorkommenden natürlichen Sachen, Deutlich erklärt und bewährt von Joh. Jacob Scheuchzer […]. Anbey zur Erläuterung und Zierde des Wercks in künstlichen Kupfer-Tafeln ausgegeben und verlegt durch Johann Andreas Pfeffel; Augsburg und Ulm: Ch. U. Wagner, 1731–1735; Tafel DCCXLIII (Ausschnitt): Aber ihnen ist das wahre Sprichwort widerfahren: Der Hund kehret wiederum zu seiner Kotzeten: und die Sau, nachdem sie gewaschen ist, weltzet sich wieder im Koth.

Des Hundes Bellen wird gestillt, wann man sein maul mit Brod anfüllt.

Der lutherische Prediger Johann Michael Dilherr (1604–1669) verwendet diese Weisheit zur Erläuterung des Passus aus dem Römerbrief 12,17ff., wo von der Rache gegenüber bösen Menschen abgeraten wird mit dem Zitat aus Sprüche 25,21: Hat dein Feind Hunger, so gib ihm zu essen. Das wird ins Hündische umgesetzt:

Heilig-Epistolischer Bericht/ Licht/ Geleit und Freud. Das ist: Emblematische Fürstellung/ Der Heiligen Sonn- und Festtäglichen Episteln: In welcher Gründlicher Bericht/ von dem rechten Wort-Verstand/ ertheilet; Dem wahren Christenthum ein helles Licht furgetragen; Und ein sicheres Geleit/ mit beigefügten Gebethen und Gesängen/ zu der himmelischen Freude/ gezeiget wird,/ von Johann Michael Dilherrn …, Nürnberg: Endter 1663.
> https://haab-digital.klassik-stiftung.de/viewer/image/1561179264/421/

Hunde im Umfeld von Mächtigen, Gelehrten, ....

Wenn auf Bildern im Umfeld von Machtträgern ein Hund gezeigt wird, so ist das oft nicht Dekor, sondern symbolisch gemeint.

❑ Untergebene konnten sich (in der Bibel) gegenüber Höhergestellten als Hunde bezeichnen (2.Könige 8,13: Hasaël sprach: ›Was ist dein Knecht, der Hund, dass er so große Dinge tun sollte?‹). Die Vorstellung ging ein in die Sprache des Zeremonielles am königlichen Hofe. Und so findet man immer wieder Hunde in der Umgebung von Machtträger*innen.

❑ Weil der Geist des HErrn von Saul gewichen ist (1. Sam. = 1. Reg. 16,14ff.), sucht er nach einem Mann, der gut auf der Harfe spielen kann, um seine Verstörungen zu bessern. Man schickt nach David, dessen Harfenspiel ihn erquickt, wenn der böse Geist über Saul kommt.

Auf dem Bild von Frans Floris (1517–1567) ist dem einst bedeutsamen König Saul ein Hund beigegeben.
> http://kk.haum-bs.de/?ide=floris-f-ab2-0001

❑ Esther bittet den persischen König Ahasver um Gnade für das jüdische Volk, und dieser streckt ihr sein goldenes Szepter entgegen und schenkt ihr das Leben (Buch Esther 5,2). Die Szene wird sehr oft dargestellt. Matthäus Merian zeigt zudem im Hintergrund, wie Haman aufgehängt wird (Esther 7,10).

[Johann Ludwig Gottfried] Historische Chronica. oder Beschreibung der Fürnemsten Geschichten, so sich von Anfang der Welt, biß auff das Jahr Christi 1619 zugetragen.Frankfurt/Main, M. Merians Erben, MDCLVII. [Erstauflage 1630], S. 110.

❑ König Salomo:

Holzschnitt von Hans Schäuffelein in: Das Büchle Memorial, das ist ein angedänckung der Tugend, von herren Johannsen vonn Schwartzenberg jetzt säliger gedächtnuss, etwo mit Figuren und reimen gemacht, Augsburg: Steiner 1540 [Erstausgabe 1534] ; Fol. CXII verso

Plinius (d.Ä., 23–79) – und diese Ankdoten werden immer wieder kolportiert – schreibt:

Ich habe erfahren, dass ein Hund für seinen Herrn gegen Räuber kämpfte, und als dieser den Streichen unterlegen war, nicht von dem Leichnam wich, sondern die Vögel und wilden Tiere abwehrte. Von einem andern in Epirus erzählt man, er habe in einer Versammlung den Mörder seines Herrn erkannt, und denselben durch Beissen und Bellen dahin gebracht, das Verbrechen zu bekennen. undsoweiter. (Naturalis historia, VIII, lxi, 142ff.)

❑ Die Scipionen wollen in Afrika Krieg führen und mobilisieren dazu in Hispania Krieger. Das berichtet Livius. Jost Amman hat die Szene so dargestellt:

Von Ankunfft vnd Ursprung deß Römischen Reichs / der alten Römer herkommen /Sitten/Weyßheit/Ehrbarkeit / löblichem Regiment / Ritterlichen Thaten. Jetzund auffs neuw auß dem Latein verteutscht/ und mit ordentlicher verzeichnuß der fünemsten Historien/ Jarrechnung/ kurtzer Liuischen Chronica/ und Register/ in den Truck verfertiget Durch Zachariam Müntzer. Mit schönen Figuren geziert/ … Frankfurt/Main 1568 (zum Jahr 542 ub urbe condita, ¶ 36)

Dido fleht ihre Schwester Anna an, sich bei Aeneas für sie zu verwenden, er möge ihr zuhören. Doch Aeneas bleibt hartherzig. Aeneis IV, 437 Doch wird er von keinen Tränen bewegt; es macht kein Wort ihn fügsam; das Schicksal hindert es, und es verschließt ein Gott sein empfindendes Ohr ihm. [Mercur hält ihm die Ohren zu.] (Text > https://www.gottwein.de/Lat/verg/aen04.php)

Erneuertes Gedächtnüs Römischer Tapferkeit/ an den unvergleichlichen Virgilianischen Helden Aeneas, und Seinen großmüthigen Thaten, Zu mehrer Erläuterung des hochschätzbaren Alterthums/ Der Edlen Jugend zum gemeinen Besten/ In 50. Kupfern vorgebildet von Georg Jacob Lang / und Georg Christoph Eimmart. In Nürnberg / Anno M.DC.LXXXIIX. Zu finden bei Leonhard Loschge.

❑ Repräsentationsbildnis von Karl V. mit Hund (1532) > Wikipedia

Der Fürst. Holzschnitt von Jost Amman:

Eygentliche Beschreibung aller Stände auff Erden, hoher vnd nidriger, geistlicher vnd weltlicher, aller Künsten, Handwercken vnd Händeln &c. vom grösten biss zum kleinsten, auch von jrem Vrsprung, Erfindung vnd gebreuchen / von dem weitberümpten Hans Sachsen ganz fleissig beschrieben […]. Gedruckt zu Franckfurt am Mayn bey Georg Raben, in Verlegung Sigmund Feyerabents 1568.

❑ Ein Hans Weiditz zugeschriebener Holzschnitt (im Todesjahr des Kaisers 1519): Kaiser Maximilian I., die Messe hörend, im Bild rechts im Gestühl kniend.

> http://www.zeno.org/nid/20004362861

In der Kirche ? – oder handelt es sich um eine simultan dargestellte zweite Bildsphäre?

Ein mit einem Glockenhalsband ausgestatteter Hund — ihm gegenüber ein sich verdemütigender (siehe oben bei Darwin). Eventuell bezieht sich der Hundekampf auf die Verse unter dem Bild: All die mit jr werhafften hand | Bezwungen hand viel leut vnd Land | Die müssen dir all weichen …

❑ Auch die vom Tod überrraschte Königin ist von einem Hund umgeben, der ebenso wie das Hofgesind erschreckt ist:

Sterbensspiegel/ das ist sonnenklare Vorstellung menschlicher Nichtigkeit durch alle Ständ' und Geschlechter: vermitlest 60. dienstlicher Kupferblätteren/ lehrreicher Uberschrifften/ und beweglicher zu vier stimmen außgesetzter Todtengesängen. Vor disem angefangen durch Ruodolffen Meyern S. von Zürich etc. jetz aber […] zu End gebracht und verlegt durch Conrad Meyern, Maalern in Zürich und daselbsten bey ihme zufinden Getrukt zu Zürich/ Bey Johann Jacob Bodmer 1650.
> https://doi.org/10.3931/e-rara-9833

Franz Krüger (1797–1857): Preußischer Reitervorposten im Schnee (1821; Museum am Stadtgarten in Winterthur).

Rechts eine Gruppe Kosaken im Russlandfeldzug 1812; links ein Hund auf dem Schneefeld mit eingezogenem Schwanz. Trotz Kälte harrt er treu aus, denn unter ihm liegt sein Herr; dessen Konturen sind im Schnee ablesbar. (Dank für Hinweis und Foto an H. und K. L.-J. in W.)

❑ Otto von Bismarck (1815–1898) ließ sich gerne mit seinen Doggen abbilden. (> https://de.wikipedia.org/wiki/Reichshund)

 

❑ ❑ ❑ Auch unter bürgerlichen feinen Herren tummeln sich Hunde – als Statussymbol?

❑ Unter diskutierenden Gelehrten:

Holzschnitt (Aus welchem Werk? Der Rahmen und das Motiv lässt Jost Amman vermuten. Das Monogramm CM meint den Formschneider, es ist nicht Christoph Murer. Vgl. Adam Bartsch, Le Peintre Graveur, tome IX (Wien 1808), p.417f.)
> https://www.britishmuseum.org/collection/image/87143001

❑ Der Eynkäuffer der Speisen für das festliche Mahl im Kreise der Wohlhabenden – wacker/ arbeitsam/ unverdrossen/ holdselig/ höflich/ sittsam/ trew/ embsig und sorgfeltig – ist begleitet von einem Hund (mit edlem Halsband):

Ein new Kochbuch/ Das ist Ein gründtliche beschreibung wie man recht vnd wol/ nicht allein von vierfüssigen/ heymischen vnd wilden Thieren ... allerley Speiß/ als gesotten/ gebraten/ gebacken ... kochen vnd zubereiten solle ..., Franckfort am Mayn: Rumpolt und Feyerabendt 1581.
> http://diglib.hab.de/drucke/2-3-oec-2f/start.htm

Hunde an die Front!

Ein eher unsymbolisches und unerfreuliches Kapitel: Wegen seiner Eigenschaften wurde der Hund auch im Krieg eingesetzt, für verschiedene Aufgaben, z.Bsp. als Meldehund.

Gasbereitschaft

Max von Stephanitz (1863–1936), Der deutsche Schäferhund in Wort und Bild.  6.Auflage: München, Verlag des Verein für Deutsche Schäferhunde 1921 (771 Seiten).
> https://archive.org/details/derdeutschesc00step

Kladderadatsch vom 27. Oktober 1918: Es gibt immer noch Besitzer kriegsbrauchbarer Hunde, welche sich nicht entschließen können, ihr Tier dem Vaterlande zu leihen. (Dabei werden diese im Erlebensfalle nach dem Krieg an ihre Besitzer zurückgegeben!)

Symbolische Hunde oder Bild-Zierat?

Zu dieser Problematik siehe das Kapitel auf unserer Website

Petrarca (1304–1374) schreibt in seinem Buch über »Beiderlei Glück, des guten und des widerwärtigen« (Buch I, Kapitel 56) : Gaudium (die Personifikation der Freude, des Genusses) freut sich darüber, Geld zu einem guten Zinssatz angelegt zu haben. — Ratio (die Vernunft) polemisiert dagegen auf dem Hintergrund der alten Kritik am Geldverleihen, an den Wuchergeschäften. Das bleibt alles abstrakt.

Das Bild des Petrarcameisters in der deutschen Übersetzung 1532 inszeniert (nach der Deutung von Walther Scheidig, Die Holzschnitte des Petrarca-Meisters, Berlin 1955) dazu diese Begebenheit:

Ein üppiger ›Banquier‹ hinter dem Tisch, umgeben von Geldkörben, zählt einem Bauern (links) das Geld aus, das dieser gegen Verpfändung seines Überrockes erhalten soll. Rechts steht ein Ritter in modischem Gewand, der einen vollen Geldsack bringt, um sein Geld anzulegen. Das leuchtet ein; die Rolle des Hunds ist indessen unklar.

Franciscus Petrarcha. Von der Artzney bayder Glück/ des guoten vnd widerwertigen. Vnnd weß sich ain yeder inn Gelück vnd vnglück halten sol. Auß dem Lateinischen in das Teütsch gezogen. Mit künstlichen fyguren durchauß/ gantz lustig vnd schön gezyeret. Mit Künigklicher May. Gnad vnd Priuilegio. Gedruckt zuo Augspurg durch Heynrich Steyner. M. D. XXXII.
> http://daten.digitale-sammlungen.de/bsb00084729/image_7

Christoph Murer (1588–1614) erzählt in seinem (unpublizierten) Lesedrama »Edessa« diese Episode: Der Bauer Cuontz schimpft über seine Frau, die noch nicht vom Markt zurückgekommen ist. Der Bauer Clauß ebenso.

So lang bis Du zuo Marckt g’syn nie:
Du faule thrüll
[träge Weibsperson, DWB], wo bist hin komen […]
Ich überred mich anders nith/
Dann dass sy nach ir ardt und sitt
s’gält/ welches sy am Marckt hatt g’lößt/
Im Wirtzhaus versauff und vertößt:
Sy ist wol so ein schandtlich weib
[…]

In der Vorzeichnung Murers (Graphische Sammlung der Zentralbibliothek Zürich) sind noch keine streitenden Hunde auf dem Platz:

... dann aber in der (postum 1622 erschienen) Radierung. Nur Zierat?

XL. EMBLEMATA miscella nova. Das ist: XL underschiedliche Außerlesene Newradierte Kunststuck: Durch Weiland den Kunstreichen und Weitberuempten Herrn Christoff Murern von Zürych inventiret unnd mit eygener handt zum Truck in Kupffer gerissen; An jetzo erstlich Zuo nutzlichem Gebrauch und Nachricht und allen Liebhabern der Malerey in Truck gefertiget/ vnd mit allerley dazu dienstlichen aufferbaulichen Reymen erkläret: durch Johann Heinrich Rordorffen/ auch Burgern daselbst. Gedruckt zuo Zürych bey Johann Ruodolff Wolffen. Anno M.DC.XXII.
> http://dx.doi.org/10.3931/e-rara-10598

Es ist, als hätte Murer die Textstelle aus Konrad von Megenberg zum Hund (siehe oben) gekannt:

daz hât got weisleich geordent an den unvernünftigen tiern, daz er erzaigt, daz die menschen sam [ebenso] schüllen tuon, wan wâ man und fraw mit enander übel lebent, die habent manig swær zeit. daz sterker schol dem kränkern [dem Schwächeren] vertragen, sô schol daz kränker dem sterkern entweichen.

Der Herausgeber und Möchtegern-Dichter Rordorff simplifiziert 1622 das Bild zu einem den Bauernstand darstellenden "Emblem" (Nummer XXX).

Literaturhinweis: Thea Vignau-Wilberg, Christoph Murer und die »XL. Emblemata miscella nova«, Bern: Benteli 1982; insbes. S. 86f.

❑ Zwei Jünger begegnen auf dem Weg von Jerusalem dem Auferstandenen, den sie nicht erkennen (Szene links hinten im Bild). Sie laden ihn ein, über Nacht bei ihnen zu bleiben. Beim Abendessen (zentrale Szene) erkennen sie den Brotbrechenden als Christus. (Lukas 24,13–35):

Frans Floris († 1570), Christus in Emmaus
> https://www.britishmuseum.org/collection/object/P_1859-0709-2893

❑ Einer der Illustratoren der prächtigen von Sebastian Brant veranstalteten Vergil-Ausgabe zeigt zur 6.Ekloge den Dichter Vergil und vor ihm ein putziges Hündchen; rechts die im Text vorkommenden Personen (die Burschen Mnasyllos und Chromis, der betrunkene Silen, die Nymphe Aegle):

Publij Virgilij maronis opera cum quinque vulgatis commentariis Seruii Mauri honorati grammatici: […] expolitissimisque figuris atque imaginibus nuper per Sebastianum Brant superadditis, exactissimeque revisis atque elimatis, Straßburg: Grieninger 1502; Fol. XiX recto.

Auch Hunde leben nicht ewig:

aus: Freund Heins Erscheinungen in Holbeins Manier von J. R.Schellenberg [1740–1806], Winterthur 1785.

Weiterführende Hinweise zu symbolischen Bedeutungen:

• In der heidnisch-antiken Mythologie war der Hund "kein grosser Symbolträger". Vgl. dazu die Website von Stefan Burkhart
> https://burkhart.jimdofree.com/der-hund-in-der-antike/

• 1’889 Einträge in Karl Friedrich Wilhelm Wander, »Deutsches Sprichwörter-Lexikon« (1. Auflage 1867–1880) > http://www.zeno.org/Wander-1867/A/Hund?hl=hund

• Emblemdatenbank unter dem Stichwort "Hund"
     > https://embleme.digitale-sammlungen.de/emblmaske.html

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Forschungsliteratur:


P. Gerlach, Artikel "Hund" in: Lexikon für Christliche Ikonographie, Band II (1970), Sp.334f.

Arthur Henkel / Albrecht Schöne (Hgg.), Emblemata. Handbuch zur Sinnbildkunst des XVI. und XVII. Jahrhunderts, Stuttgart 1967, Sp. 555–585.

Rudolf Schenda, Artikel "Hund" in: Enzyklopädie des Märchens, Band 6 (1990), Sp.1318ff.

Rudolf Schenda, Das ABC der Tiere. Märchen, Mythen und Geschichten, München: Beck 1995, S.149–155.

• Artikel zum Hund bei »animaliter« > https://www.animaliter.uni-mainz.de/hund/

• Viele Hinweise auf der Homepage von Laura Gibbs > http://millefabulae.blogspot.com/ und http://aesopsbooks.blogspot.com/

Peter Riede, Artikel "Hund" in: https://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/21622/ (2010)

Aline Steinbrecher, Hunde und Menschen. Ein Grenzen auslotender Blick auf ihr Zusammenleben (1700–1850) in: Historische Anthropologie 19:2 (2011), S.192-210.
online > https://doi.org/10.7788/ha.2011.19.2.192

Heinz Duchhardt, Friedens-Miniaturen. Zur Kulturgeschichte und Ikonographie des Friedens in der Vormoderne, Münster: Aschendorff 2019. Darin S.37–57: Canis Pacis


online zuerst im Juni 2020 PM; mit Ergänzungen im Juli 2023

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