»Physikotheologie«Arbeitstagung vom Samstag, den 21. August 2004 in ZürichMit »Physikotheologie« wird eine seit der Antike ist im Abendland immer wieder anzutreffende Gedankenfigur bezeichnet: ›Das Wesen Gottes ist unerforschlich; gleichwohl lässt sich seine Allmacht, Weisheit, Güte aus der sichtbaren Welt erschließen.‹ Das Verhältnis zwischen dem Unzugänglichen und seinen Manifestationen, dem Numinosen und seinen Epiphanien bzw. zwischen dem Schöpfer und seiner Schöpfung wird als ein zeichenhaftes gesehen; und dementsprechend die Erkundung des vorerst Unerkannten als ein Spuren-Lesen. Die physiko-theologische Gedankenfigur lässt sich plakativ etwa so formulieren: Die sinnlich erscheinende Welt (beispielsweise die Planetenbewegungen, der Wuchs der Pflanzen, der Instinkt der Tiere, die Anatomie des Menschen) ist erstaunlich gut funktionsfähig und zweckmäßig eingerichtet; sie ist folglich ein vernünftiger Beweisgrund für die Existenz Gottes bzw. Anlass, um seine Allmacht / Weisheit / Güte zu erkennen und Anlass für sein Lob und die Liebe zu ihm. Physikotheologie, blühend im 17./18. Jahrhundert, ist der direkte historische Vorgänger der modernen »Intelligent Design«-Bewegung. Vermutlich hat der Verlust dieses Denkmodells auch Folgen für den Umgang mit der Natur in der Gegenwart.
Publikation: Paul Michel, Physikotheologie – Ursprünge, Leistung und Niedergang einer Denkform (= Neujahrsblatt auf das Jahr 2008, hg. von der Gelehrten Gesellschaft in Zürich) PDF-Datei des Inhaltsverzeichnisses Buch als PDF-Datei (760 kB in neuem Fenster; im Gegensatz zur vergriffenen gedruckten Ausgabe fehlen hier die – nicht substantiellen – Bilder.)
Fast gleichzeitig und unabhängig und dann später sind weitere Publikationen zum Thema Physikotheologie erschienen: Holger 2008. , Absehen - wissen - glauben. Physikotheologie und Rhetorik 1665 - 1747, Berlin: KadmosAnne-Charlott 2009. , Von der Glückseligkeit alles zu wissen. Die Erforschung der Natur als religiöse Praxis in der Frühen Neuzeit, Frankfurt am Main: CampusWolfgang 2009 (Untersuchungen zum christlichen Glauben in einer säkularen Welt 5), 550 S. , Albrecht von Haller als apologetischer Physikotheologe. (Diss. phil. Univ Regensburg 2007) Frankfurt am Main: LangBjörn 2012, S. 359–393. : Biologische Erbauungen. Das Fortwirken der physikotheologischen Tradition in Bölsches populärwissenschaftlichen Schriften, in: Gerd-Hermann Susen / Edith Wack (Hgg.), »Was wir im Verstande ausjäten, kommt im Traume wieder«. Wilhelm Bölsche 1861-1939, Würzburg: Königshausen & Neumann,Das Interdisziplinäre Zentrum für Pietismusforschung Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg veranstaltete 12. bis 15. Sept. 2021 eine Tagung: »Von der Physikotheologie zum Vitalismus? Transformationen des Verhältnisses von Naturforschung und Religion im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert.« (Wir sind gespannt auf die Publikation)
|