Moderne Allegorien

Da soll einer kommen und sagen: Allegorie, das ist so altes Zeug!

Die Telegraphie

Otto Spamer’s Illustrirtes Konversations-Lexikon für das Volk. Zugleich ein Orbis pictus für die Jugend, Leipzig: Spamer 1870–80, zeigt zum Stichwort "Allegorie" (Band I 1870, S. 323) die Darstellung der Telegraphie nach dem Echter’schen Wandgemälde im Staatssbahnofe zu München von Michael Echter (1812–1879).


Gall Morel (1803–1872), Benediktinermönch in Einsiedeln (vgl. HLS: http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D9967.php)

Auf der Eisenbahn
Als ich im Wagen ein neben seiner Mutter schlummerndes Kind sah

Kind, wie schlummerst du süß zur Seite der sorgenden Mutter,
   Zugeschlossen das Aug’, sanft in die Ecke gelehnt!
Tiefer wird, immer tiefer dein Schlaf und sanfter dein Athem,
   Hörst du es nicht, wie’s kocht dort in dem eisernen Bauch,
Nicht, wie verborgene Kraft hinreißt die gewaltigen Wagen,
   Daß sie rollend im Sturm eiserne Bahnen durchziehn?
Siehst den Wald dort nicht und die Häuser im Fluge verschwinden?
   Ach so schnell ist der Zug, ach und die Reise so kurz!
Du aber schlummerst, und erst am Ziele des Laufes erwachst du,
   Erst wenn die Gluthen verglüht, wenn sich die Dämpfe verziehn.
Also rollet der Mensch dahin im Wagen des Lebens,
   Schnell wie der nächtliche Blitz, welcher die Wolke zerreißt.
Immer kocht’s in der Erde Schlund von verborgenen Flammen,
   Ströme brausen und Sturm zieht in den Wolken dahin,
Oben und unten und rechts und links hinfliegen die Welten,
   Tausend Begleiter mit uns fanden im Wagen sich ein,
Menschen seh’n wir am Weg und Stadt’ und Bäume entfliehen,
   Laut ertönet des Markts, laut der Gerichte Gelärm.
Uns aber kümmert das nicht und wir ruhn vom Schlafe gezwungen;
   Hin in die Ecke gelehnt, träumen wir kindisches Spiel.
Taub dem gewaltigen Klang harmonisch rollender Sphären,
   Deren erhabenes Lied Wiegengesang uns bedünkt,
Fliegen schlafend wir hin durch des Aethers unendliche Räume,
   Fest verschließend das Aug', fest verschließend das Ohr
All’ den unsäglichen Wundern, die rings wie die Luft uns umwallen.
   Erst am Ende der Bahn schlagen das Auge wir auf,
Finden erstaunt uns drüben im fernen fremden Gebiete.
   Ach und so schnell war der Zug, ach und die Reise so kurz!
Wohl dem Schlafenden, wohl, daß der Vorsicht heilige Mutter
   Sorglich neben ihm wacht, sanft aus dem Wagen ihn hebt!
Wohl ihm, daß den gewaltigen Lauf ein Stärkerer zügelt,
   Welcher mit sorgender Hand nimmer die Pfade verfehlt.

Quelle: Blumenlese aus den neuern Schweizerischen Dichtern, hg. Heinrich Kurz, 2.Band, Zürich: Schultheß 1860; S.392f.


Spirit of the Frontier

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Manifest_Destiny#/media/File:American_progress.JPG

Dazu der Kommentar aus der Wikipedia: This painting shows "Manifest Destiny" (the belief that the United States should expand from the Atlantic to the Pacific Ocean. In 1872 artist John Gast painted a popular scene of people moving west that captured the view of Americans at the time. Called "Spirit of the Frontier" and widely distributed as an engraving portrayed settlers moving west, guided and protected by Columbia (who represents America and is dressed in a Roman toga to represent classical republicanism) and aided by technology (railways, telegraph), driving Native Americans and bison into obscurity. It is also important to note that Columbia is bringing the "light" as witnessed on the eastern side of the painting as she travels towards the "darkened" west.