Fama — negativ oder positiv

 

Das lateinische Wort FAMA hat mehrere Bedeutungen, ebenso wie dt. Leumund: das Hörensagen — infamia — existimatio und Gerücht.

Georges, Latd. Wb > http://www.zeno.org/nid/20002381818

Grimmsches WB > http://www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemma=leumund

Das (aus dem mittelniederdeutschen stammende) Wort Gerücht / entsprechend mittelhochdeutsch gerüefte (vom Verb ruofen) meint "lautes Rufen, Zetergeschrei", dann "der Ruf, in dem man steht, die gute oder üble (!) Nachrede".

Der Ikonologe Vincenzo Cartari (ca. 1531 – 1569) kennt in seinen »Imagini con la spositione de dei de gli antichi« (Erste Ausgabe 1556) zwei Famae: eine traurige und eine fröhliche.

Fama oder das Gerücht gehet vor ihnen [den Zugpferden des Wagens vom Mars] her/ als ein Bott der Warheit und Unwarheit: dann es entspringet auß einem geringen Auffruhr öfters eine Außbreitung biß alle Oerter voll seyn. Homerus nennet Famam Jovis Botten/ die Alten haben auch solche Göttin gehabt/ und ein Weib erdacht mit einem reinen Tuch angetahn/ und umbbunden/ welches herumb geloffen/ in ein Horn geblasen: sie hat auch Flügel gehabt/ und Virgilius im 4. Buch meldet: daß ein grausam monstrum zu sehen gewesen/ so viel Federn es am Leib/ soviel Augen es gehabt/ so wunderlich zu sagen/ so viel Zungen/ Mäuler und Ohren: bey Nacht flüget sie herum und alles erschreckt in Städten. Diese bringet nicht allein traurige/ sondern auch göttliche Bottschaften: daher sie solche zweyfach darstellen/ die böse hat schwartze Flügel gehabt/ wie Claudianus meldet: andere melden es seyen Fledermäuß=Flügel gewesen. Fama derowegen oder das Gerücht/ ist vor Martis Wagen gegangen; dann im Anfang des Kriegs kommen viel Menschen in Gedancken dardurch zu verderben/ dahero sie im Zorn angeblasen werden/ welches im Krieg herrschet.

Vincentii Chartarii Rhegiensis Neu-eröffneter Götzen-Tempel/ Darinnen Durch erklärte Darstellung deroselben erdichtete Gestalt/ die bey dem Heydnischen Götter-Dienst/ vor alten Zeiten gewöhnliche Verehrung/ Anbettung/ und herrliche Kirchen-Gepräng; Vorgestellet Zu höchst benöthigtem Dienst und augenscheinlichen Vortheil der jenigen/ welche die Geschichte so wol als Gedichte der alten bewehrten Scribenten/ nicht weniger mit Nutzen lesen/ als auch gründlich verstehen wollen. Zum ersten mahl ins Deutsche gegeben mit deß weyland ... geheimbten Raths/ Herrn Pauli Hachembergs, hin und wieder beygetragener gelahrten Vermehrung Und LXXXIIX. Kupffer-Figuren geziehret. Franckfurt: Bourgeat 1692. S.142f. und Tafel 62.

Die beiden Famae: die Fama bona / Fama mala



auf dem Titelblatt eines Geschichtsbuchs: Walter Ralegh [auch Raleigh], »The History of the World«, London 1615.

Das ganze Bild > https://www.britishmuseum.org/collection/object/P_1872-0608-490

Interpretation in: Margery Corbett / Ronald Lightbown, The Comely Frontispiece: The Emblematic Title-Page in England, 1550–1660. Boston-London: Routledge & Kegan Paul, 1979; pp. 128–135.

Vergil, Die üble Fama

Vergil (70 – 19) erzählt in der »Aeneis«, wie der Protagonist Aeneas von Troja kommend nach langer Reise durchs Mittelmeer in Karthago landet, wo die verwitwete Königin Dido ihn gastfreundlich aufnimmt. Aeneas’ Mutter, die Göttin Venus, möchte weitere Irrfahrten verhindern und sorgt deshalb dafür, dass sich Dido in den Gast verliebt. Mit einem Zauber-Trick gelingt ihr das. Allmählich erkennt Dido ihr Gefühl – und gesteht dies ihrer Schwester Anna – doch sie möchte die Gattentreue wahren. Anna rät ihr, nicht den Rest des Lebens als Witwe gramvoll zuzubringen; ferner erinnert sie an die bedrohlichen umliegenden Völker. Gewiss habe das Geschick der Götter Aeneas’ Flotte nach Karthago gelenkt. Diese Worte entzünden Didos Gefühl erst recht.  Dido zeigt alle Symptome der Liebeskrankheit und sie vernachlässigt die Staatsgeschäfte. Juno (die Göttin der Ehe) und Venus einigen sich nach einem Geplänkel auf den Plan, die beiden Verliebten während einer Jagd beim Gewitter in einer Höhle zusammenzugesellen. Dies geschieht. Dido und Aeneas kümmern sich nicht mehr um Anstand, die Liebe wird offenbar.

Dieses Offenbarwerden gestaltet Vergil in der Personifikation der Fama (das Gerücht): Das Gerücht verbreitet sich schnell – die Fama ist gefiedert. Das Gerücht nimmt alles auf – sie hat viele wachsame Augen. Es schwatzt alles gleich weiter – Fama hat viele Zungen und Münder.

Lateinischer Text mit deutscher Übersetzung:
> http://www.gottwein.de/Lat/verg/aen04.php

Extemplo Libyae magnas it Fama per urbes,
Fama, malum qua non aliud velocius ullum: ...

Der unbekannte Illustrator der Vergilausgabe 1502 hat vor allem die Federn und Flügel realisiert, immerhin hat das Wesen vier Ohren und zwei Augen auf dem Bauch:

Publij Virgilij maronis opera cum quinque vulgatis commentariis Seruii Mauri honorati gram[m]atici: Aelii Donati: Christofori Landini: Antonii Mancinelli & Domicii Calderini, expolitissimisque figuris atque imaginibus nuper per Sebastianum Brant superadditis, exactissimeque revisis atque elimatis, Straßburg: Grieninger 1502.

Die Stelle Vergil, Aeneis IV, 173ff., die man in jeder Ausgabe und im Internet leicht findet, geben wir hier in der Übersetzung von Thomas Murner wieder: Vergilii maronis dryzehen Aeneadische Büecher von Trojanischer zerstörung vnd vffgang des Römischen Reichs, Straßburg: Johann Grüninger 1515; (hier nach der Ausgabe Jena 1606):

Wie durch gantz Libien ein Red ward der Vermehlung Didonis vnd Enee / vnd wie das Geschrey gestalt sey.

Das Gschrey von dieser Sach / die Red /
So bald sich ausgebreitet het.
Das Gschrey wir einem Thier vergleichend /
Das ist so geschwinde vnd behend /
Das dieses gantzes Erdreich treit
Keins daß jhm gleich an Bhendigkeit /
Vnbestendig / je mehr es rent /
Je mehr jhn Kräffte herzu gehnt /
Aus Forcht ist es im Anfang klein /
Erhebt sich darnach bald allein /
Geht auff dem Erdreich hin vnd her /
Sein Kopff stöst in die Wolcken ferr /
Ist es als wie die Fabeln sagn /
Dauon den Göttern sind verjagn
Die Risen / von der Götter Zorn
Hat die Erd dieses Thier erborn.
Allen Göttern nur zu Leid
Diß Schwester Ceo zu bereit /
Vnd Encelao auch darzu.
Diß thier hat nimmer Rast noch Ruh /
Es fleugt vnd hat behende Füß /
Vnd acht nicht wenn es thu Verdrieß.
Ein grausams vnd ein Wunderthier /
Daß so viel Augen brauchet schier /
Als es der Federn an jhm hat /
Das ist ein wunderliche that /
So viel Zungen vnd so viel Mund /
Ohren damit es hören kundt.
Am Himmel fleugts zu Mitternacht /
Daß mans hört fliegen mit seim Pracht /
Vnd gibt sein Augen nimmer Ruh /
So sitzts vnd hütet auch darzu /
Auff den Thürnen vnd auff dem Tach /
Daß es mög bringen Vngemach.
Erschreckt auch manche grosse Städt /
Mit Bösheit die es dichtet hett.
Es leuget viel / vnd sagt auch war /
Sein Art ist böß vnd schädlich zwar.
Dasselbig Thier bracht diese Mehr /
In die Völcker weit vnd auch ferr /
Frölich sagt was geschehen was /
Vnd log darzu aus Neid vnd Haß /
Wie Eneas von Troj erborn /
Hett zu eim Gemahl ausserkorn
Didonem die schön Königin /
Darumb leg er den Winter in /
Braucht sich nur jhr auch aller Frewd:
Darzu jhr keins mehr Sorge treit:
Vmb jhre Reich vnd jhre Land /
Allein behafftet sind mit Schand /
Der Bulschafft sind sie beyd gefangen.
Also war diese Red ausgangen /
Durch das Thier den schnöden Gott /
Das Dido bracht zu letzt in Tod.

Moderne Ausgabe mit Kommentar: Julia Frick, Thomas Murners ›Aeneis‹-Übersetzung (1515). Lateinisch-deutsche Edition und Untersuchungen, Wiesbaden: Reichert 2019 (Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters, Band 149). (Link zum Verlag)

Die entsprechende Textstelle aus Konrad von Würzburg, »Trojanerkrieg«, Vers 24’662 – 24’759 ist hier als PDF zum Download (aus https://www.hsaugsburg. de/~harsch/germanica/Chronologie/13Jh/KonradvWuerzburg/kon_tr23.html)


John Ogilby (1600–1676), The Works of Publius Virgilius Maro: Translated, Adorned with Sculpture, and illustrated with Annotations, London 1654.

Auf dem Stich von Franz (Francis) Klein (Cleyn) (1582–1658) und Pierre Lombart (1612–1681) sind unten Aeneas und Dido auf der Jagd beim Eintreten in die Höhle dargestellt; die Verse unten aus Aeneis IV, 124f. und 174–177:

speluncam Dido dux et Troianus eandem
devenient; adero, et, tua si mihi certa voluntas,

Fama, malum qua non aliud velocius ullum
mobilitate viget, viresque adquirit eundo,
parva metu primo, mox sese attollit in auras,
ingrediturque solo, et caput inter nubila condit.


Hans Sachs (1494–1576) – Vergilnachfolge

»Fama, das weytfliegent gerücht« (27. Juni 1534)

Virgilius, der hoch poet,
Vor-langst also beschreyben thet,
Lemund, ghrüch oder newe mär, […]

Beschluß […]
Nichts ist so haymlich, wie man spricht,
Es kumbt zu seyner zeyt ans liecht.
Darumb meid allen bösen schein.
Wie uns Paulus das lehret fein,
Das er durch argwenisch gezücht,
Nit uberkumb ein böß gerücht,
Ein bösen leumut unnd geschrey,
Das er der leut tischmerlein sey
Hie unnd durch-auß inn allen landen,
Mit ewig unableschling schanden,
Verworffen, untüchtig, verechtlich,
Argwenisch, yederman verdechtlich.
Das er nit wider bringen khon.
Darumb spricht der weiß Salomon,
Ein gut gerücht sey allenthalben
Weyt besser vil, denn edel salben, […]

Das kein böß ghrüch im aufferwachs.
Recht thun das best ist, spricht Hans Sachs.

in: Werke, hg. Adelbert von Keller, Band 4 (Bibliothek des litterar. Vereins Stuttgart 105), Stgt 1870, S. 161ff.
> archive.org: http://www.archive.org/stream/hanssachs/n168/mode/1up

 

Eines Morgens träumt der Dichter unter einer Linde von einer fremden Frau, gekrönt wie eine Königin, mit Flügeln "glänzend wie das Auge im Schwanz eines Pfaus". Ihre linke Brust hat eine blutende Wunde, und in ihrer linken Hand hält sie einen blutigen Dolch hinter ihrem Rücken. Sie ist blind und trägt einen Zopf aus Schlangen in ihrem Haar. In der Hand hält sie einen goldenen Becher, in dem sich Gift mit Honig vermischt hat. Hinter sich schleppt sie eine brennende Kugel (denn sie bringt "Ein brennendes grimmiges Geschrei"), die mit Schwefel und Pech beschmiert ist. Sie kündigt sich als Calumniatrix an, deren Macht sich über alle Reiche und Fürstentümer erstreckt; sie fragt den Träumer, ob er in ihren Dienst treten wolle. Bevor er antworten kann, erscheint ein alter Herold (Ehrenholdt) vor ihm, woraufhin die geflügelte Frauengestalt davonfliegt. Der Herold erklärt dem Träumer dann die zwölf Eigenschaften der Nachrede ("Gerücht", "Verleumdung").

Nachred das grewlich laster/ sampt seinen zwelff eygenschafften, [Nürnberg]: Resch [ca. 1531/2]

Spätere Ausgabe: Nürnberg: G. Merckel 1553:

Prouerbiorum. XV Ein heylsame zung ist ein brunn des lebens/ aber ein falsche betruebet das gemuet [Sprüche 10:21]

> https://www.digitale-sammlungen.de/de/details/bsb10202833

Ein weiterer Text von Hans Sachs auf einem Einblattdruck mit Holzschnitt von Hanns Weygel:

Fama, Ds gerücht mit seiner wunderlichen Eygenschafft/ nach beschreibung Virgilij des Poeten

> http://www.zeno.org/nid/20004363272

vgl. Max Geisberg, Der deutsche Einblattholzschnitt in der ersten Hälfte des 16.Jhs., Blatt 1323.

... und noch ein Nachfahre: A. Paul Weber (1893–1980), »Das Gerücht« (1943 [!])

> https://www.weber-museum.de/images/cm/galerie/gesellschaftskritisch/geruecht.jpg

Weiterleben der üblen Fama in Emblemen usw.

Hernando de Soto († 1649), Emblemas moralizadas, Madrid: por los herederos de I. Iñiguez de Lequerica 1599. Emblema XXXII:

Nihil tam volucre quam maledictum. (Nichts ist so geflügelt wie das Lästerwort.)

No ay aue que tanto buele
Como lo que mal se habla.

Es gibt nicht, dass es so weh tut, wie das übel Gesprochene.
> https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k316210f


Paris Gille (1622–1701):

Ventosa Gaudia Famae (≈ Die aufgeblasenen [eitlen] Wonnen des Ruhms)

Das Motto dieses Emblems ist entnommen: Statius (* um 40 – 96), »Silvae« IV, iv, Vers 49f.: nos otia vitae solamur cantu ventosaque gaudia famae quaerimus. (we beguile a leisured life with song, and seek the fickle delights of fame) aus der Übersetzung von John Henry Mozley
> https://archive.org/details/statiusstat01statuoft/page/232/mode/2up

Das Epigramm Fama citis gaudet … lautet übersetzt etwa: Fama freut sich durch die Luft getragen zu werden mittels rascher Winde; erhascht die Windige nichts ausser Wollust.

Novum Tres Inter Deas Junonem, Venerem Et Palladem Paridis Judicium In Quo Denuo Expositum Pomum Posthabitis Cæteris, Soli Decernitur Optimæ, Emblematicè sub oculos datum, Salisburgi : Mayr 1694.
> https://diglib.hab.de/drucke/xb-4f-386/

 

Jean-Baptiste de Rocoles (1620–1696) verzeichnet in seinem Buch Les imposteurs insignes, ou, Histoires de plusieurs hommes de néant, des toutes nations qui ont usurpé la qualité d'empereurs, roys & princes ... Amsterdam: Pierre Mortier 1696 eine Menge von politischen Betrügern, Hochstaplern, usurpierende Regenten.

Das Titelblatt der französischen Ausgabe zeigt links die (nackte) Wahrheit, die den Betrüger entlarvt; rechts die Justitia mit dem Schwert in der Hand:

Die deutsche Übersetzung Joh. Baptista von Rocoles … Begebenheiten ausnehmender Betrüger. In zwey Theilen. Mit Anmerkungen und einer Vorrede hg. von Carl Friedrich Pauli, Halle; Ch.P.Francke 1760 hat eine anderes Titelbild:

Die Historia/Geschichte schreibt die Untaten in ein Buch, das ihr Tempus (mit Flügeln und Sense) wegnehmen möchte, der indessen von Mercur (vgl. seinen Stab) weggezogen wird. Im Hintergrund u.a. Galgen.

Und wer fliegt oben? Die den Möchtegern-Ruhm der Betrüger ausposaunende (+) Fama? Oder die Fama, die die (-) Verbrechen der Übeltäter der Welt kundtut?

Inhaltsverzeichnis der dt. Übersetzung
> https://archive.org/details/bub_gb_kcs5AAAAcAAJ/page/n29/mode/2up

Fama im positiven Sinn — in der Emblematik

Hadrianus Junius (1511–1575):
Voller Augen, von Flügeln erhoben, trägt Fama das Schreibrohr (calamus) aufwärts und setzt es unter die goldenen Gestirne. Glänzend erhebt sich der Ruhm aus den bedeutenden literarischen Werken und berührt mit dem Scheitel ewig die hohen Sterne. (dt. Übers. aus Henkel/Schöne Sp. 1537)

Penna beat caelo, penna volare facit astra super.
Die Feder erfreut uns mit dem Himmel, die Feder lässt über die Sterne emporsteigen.

Hadriani Iunii Emblemata : eiusdem ænigmatum libellus, Antwerpen Plantin 1585.
> https://archive.org/details/gri_33125005903121/page/n77/mode/1up

Nikolaus Reusner (1545–1602):

CAROLO IVI. F. COMITI Salmaeo

Si quaeris famam, virtute age Carole famam
Sic eme, quo te humeris tollat ad astra suis.

Ewig Ruhm gibt Tugend allein/
Gen Himml erhebt/die solch Ehrn fein.

Nikolaus Reusner, Aureola Emblemata, Thobiae Stimmeri Iconibus ... exornatus, Straßburg: B. Jobin 1587.
> http://mateo.uni-mannheim.de/camena/reus4/jpg/s137.html

Otto van Veen (1556–1629)

Die gelehrten seind/ und machen zugelich unsterblich.

A MVSIS ÆTERNITAS

Hier aus dem Druck von Philipp von Zesen (1619–1689): Moralia Horatiana: Das ist Die Horatzische Sitten-Lehre / Aus der Ernst-sittigen Geselschaft der alten Weise-meister gezogen / und mit 113 in kupfer gestochenen Sinn-bildern / und ebenso viel erklärungen und andern anmärkungen vorgestellet: Itzund aber mit neuen reim-bänden gezieret / und in reiner Hochdeutschen sprache zu lichte gebracht durch Filip von Zesen, Amsterdam: Kornelis de Bruyn 1656. Emblem II,15 — Vgl II,13: er recht thut/ der thut es offentlich
> http://diglib.hab.de/drucke/lo-8306-2/start.htm


Otto van Veen (1556–1629):

OMNIS AMOR SVRDIS AVRIBVS ESSE SOLET.

Die Liebe ist oft taub und hört den Ruhm (der/des Liebenden) nicht. Aus Propertius, Elegiae 2,16,36)

Amorum emblemata, figuris aeneis incisa. Dtudio Othonis Væni, … Emblemes of Loue, with verses in Latin, English, and Italian, Antwerpiæ [Verdussen] 1608. S.66/67.

Amour souuent est sourd.

Peu chaut il aux amnas, si leur vie est tencee,
Par le bruit populaire, ils bouchent de la main
Obstinez leur ouye, à sa trompe d’airain.
Amour n’a nul soupçon, ny arriere-pensée.

Loue often deaf.

What euer fame brutes foorth which tendeth to disgrace,
Of loues deer prysed loue; hee not endures to heare,
But makes himself bee deaf by stopping either eare,
To shew hee will not giue to ill opinion place.

> https://archive.org/details/amorumfigurisaen00veen/page/66/mode/2up

 

#####?

Virtute ac Studio per Orbem Fama
    perpetua comparatur.

By Studiousness in Virtues ways,
    Men gain an universal Praise.

Choice emblems, divine and moral, antient and modern; or, Delights for the ingenious, in above fifty select emblems ... with fifty pleasant poems and lots, by way of lottery, for illustrating each emblem ... London, Printed for E. Parker, 1732.
> https://hdl.handle.net/2027/dul1.ark:/13960/t21c34v3w......3Bseq=170

 

Fama, die den Nachruhm ausposaunt

Francesco Petrarca () hat in seinen »Trionfi« der Fama ein eigenes Kapitel gewidmet. Illustrationenn gibt es schon früh.

Georg Pencz (1500–1550):

FAMA PEREMUS ERIT QUAM NEC TONIS IRA NEC IGNES
NEC POTERIT EERRUM NEC EDAX ABOLERE VETUSTAS

Das ganze Bild > https://www.britishmuseum.org/collection/object/P_E-4-269

(Man fragt sich, warum der Wagen der Fama von Elefanten gezogen wird?)

Der Entwurf zu diesem Holzschnitt stammt evtl. von Christoph Murer (1558–1614):

Figur des Triumphs des Geruchds.

Sechs Triumph Francisci Petrarche: ... in welcher man fein kurtzweiliger weisz zu grossem lust erspiegeln kan den gemeinen Lauff, Stand, Wesen, vnd Ende des Menschlichen Lebens ... Ausz höchster Italianisch Tuscanischer Sprach ... inn zirliche Teutsche Verss gebracht. Sampt einer ... Auszlegung ... aller fürnemesten sachen ... vormals inn Teutsch nie auszgangen, [übers.] durch Daniel Federmann, Basel: Pietro Perna 1578.
Zentralbibliohtek Zürich, Gal Ch 117

Petrarca thematisiert den Nachruf auch in einem anderem Werk: »De remediis utriusque fortunae« I, 117: De spe famæ post obitum-

Hier mit dem Holzschnitt des unbekannten Meisters aus Von der Artzney bayder Glück / des guoten vnd widerwertigen. Vnnd weß sich ain yeder inn Gelück vnd vnglück halten sol. Aus dem Lateinischen in das Teütsch gezogen. Mit künstlichen fyguren durchauß / gantz lustig vund schön gezyret. Gedruckt zuo Augspurg durch Heynrich Steyner. M.D.XXXII. 1532.
> https://reader.digitale-sammlungen.de//resolve/display/bsb10140589.html

Thema ist hier das Andenken nach dem Tod. Petrarca: Meritis post obitum famam spero. (Wegen der Verdienste erhoffe ich mir nach dem Tod einen guten Ruf); in der Übersetzung von St. Vigilius 1539: Von Hoffnung eines gerücht vnd lobs nach dem todte. Die personifizierte Freude meint, sie werde nach dem Tod ihren guten Namen weiterbehalten. – Petrarcas Ratio stellt die Hoffnung auf irdischen Nachruhm als eitel hin und setzt dagegen, man solle sein Trachten nach dem Himmlischen richten; das Kapitel schließt mit dem Satz: laßt faren was jrrdisch vnd zergenglich ist / trachtet / begeret / lernet / vnd wünschet was himmlisch / was ewig ist.

Im Text Petrarcas kommt Fama nicht vor, es ist eine Zugabe des Bild-Designers (inspiriert vermutlich durch Sebastian Brant). In der Mitte steht der sich auf den guten Rufe nach dem Tod Freuende – auf der einen Seite ein Weiser (so gewandet werden die Weisen im Buch mehrfach dargestellt), der zum Himmel zeigt; auf der andren Seite Fama, die wie bei Vergil aus der Erde stammt (illam terra parens, Vers 178), worauf der sich Freuende freilich mit einer anderen Konnotation zeigt. Er muss sich entscheiden wie Herakles am Scheideweg.

Das Motiv der den Ruhm ausposaunenden Fame ist verbreitet:

Das Buchdruckerzeichen von Sigmund Feyerabend (1528–1590) war die Fama, welche er von Jost Amman, Tobias Stimmer, Virgil Solis, Melchior Lorch u. a. immer aufs neue mit und ohne seine Devise komponieren ließ. Fama ist geflügelt und trägt Augen auf den Federn und wird gezeigt, wie sie mit Blasinstrumenten den Ruhm ›ausposaunt‹. — Gemeint sind hier nicht die Textstellen, wo das als Monstrum dargestellte und Geheimnisse ausspionierende Gerücht gemeint ist.

Holzschnitt von Tobias Stimmer (1539–1584)
> http://www.zeno.org/nid/20004313364

Auch dem Buchdrucker Johannes Oporin, dessen Kunstfertigkeit ihm großen Ruhm einbrachte, wurde ein Emblem gewidmet:

Vel levia multitudine clarent ≈ Durch seine Vielzahl ist auch das Kleine berühmt

Johannes Sambucus (1531–1584), Emblemata et aliquot nummi antiqui operis, [4.Auflage] Antverpiae: Christ. Plantin, 1576, S. 281.
> https://doi.org/10.3931/e-rara-95627

Lat. Epigramm mit deutscher Übersetzung bei Henkel/Schöne, Emblemata. Sp. 1079f.


Jakob von Sandrart stellt den Poeta Laureatus Sigmund von Birken (1626–1681) so vor:


> http://portraits.hab.de/werk/2928/

Die Verse auf dem Sockel: Nil mirare … ≈ Wundere dich nicht, daß Göttinnen männliches Geschlecht haben und ein einziger Körper zehn Seelen enthält. — Dieses Rätselversteck bietet einzig dieses Antlitz, das dir Apoll und die neun Musen vor Augen stellt.

Am Sockel angelehnt die Posaune der Fama.

Vgl. dazu: Susanne Skowronek, Autorenbilder: Wort und Bild in den Porträtkupferstichen von Dichtern und Schriftstellern des Barock, Würzburg: Königshausen & Neumann 2000 (Würzburger Beiträge zur deutschen Philologie Bd.22), S. 113f.

 

Die Bürger von Zürich sind ehrliebend ≈ famae consulens ≈ auf den guten Ruf bedacht; und deshalb gestaltet Dietrich Meyer (1572–1658) das Titelblatt zu seinem Wappenbuch so: Oberhalb von GLORIA und VICTORIA blasen zwei Engel die FAMA aus:

Waapenbuoch der Wolgebornen Edlen vnd Bürgerlichen Geschlächten so Anno 1605 eitweders mit einer loblichen Statt und Herrschafft Zürich durch Burgrecht verwandt, oder daselbst geregiert und gewonet haben: Mit sonderbarem fleiss auf das Kupfer gebracht vnd dem Ehrliebenden zuo gefallenen an tag geben. Durch Dietrich Meyer, Burger zu Zürich, anno 1605.
> https://doi.org/10.3931/e-rara-13327


Johann Bernhard Fischer von Erlach (1656–1723) zeigt auf dem Titel seines Buches »Entwurff einer historischen Architectur« den von der Zeit getragenen Ruhm (Fama / Le Renommée)

Die von der Zeit getragene Fama

Es muß zwar meinen Schall, der Ruhm und Lob erwirbt
So lang noch Menschen sind, die Graue Zeit erhalten:
Doch halt ich wiederum, was ihre Hand verdirbt;
Ich, die ich übrig bin, Wann alles muß veralten.

Entwurff einer historischen Architectur, in Abbildung unterschiedener berühmten Gebäude, des Alterthums, und fremder Völcker, umb aus den Geschichtbüchern, Gedächtnüsz-Müntzen, Ruinen, und eingeholten wahrhafften Abriszen, vor Augen zu stellen …, Wien 1721.
> https://www.e-rara.ch/zut/doi/10.3931/e-rara-9300

 

Jacob Abraham schuf eine Medaille zum Gedenken an die Schlacht bei Zorndorf 1758, hier die Revers-Seite:

[Friedrich II. von Preußen] FAMAM FATIGAT = Er macht die Fama müde.

Die nach rechts schwebende Fama hält in der rechten Hand einen Lorbeerkranz und in der linken Hand eine Posaune, in die sie bläst. Auf dem Tuch die Aufschrift Xma VICT (der zehnte Sieg).

> https://www.staatsgalerie.de/g/sammlung/sammlung-digital/einzelansicht.....html

Der Nachruhm besiegt den Tod


Matthäus (Matteo) Greuter (1564–1638):

[Fama spricht:]
Me bona vita parit; per me post fata sepulti
vivunt : hinc merito, Mors fera, te supero.

Der Text ist von Hieronymus Buslidius [von Busleyden † 1570] aus Petrarcas Triumfi übersetzt.


Johann Balthasar Bullinger d.Ä. (1713–1793):

Der Tugend und Wissenschaft liebenden Jugend, gewiedmet von der Stadt-Bibliothek in Zürich, am Neujahrs-Tag 1778.
> https://uzb.swisscovery.slsp.ch/view/delivery/41SLSP_UZB

Porträt des Politikers Heinrich Escher (vom Glas, 1713–1777), der 1771 den Bau des Zürcher Waisenhauses veranlasste – der Bau hinten rechts (er steht noch heute, als Amtssitz der Stadtpolizei!).

Links neben dem Sarkophag der junge Genius mit umgestürzter Fackel als Allegorie des Todes (eben kürzlich eingehend diskutiert von G.E. Lessing in: »Wie die Alten den Tod gebildet« 1769).

Rechts führt (wahrscheinlich) Minerva (hier als Hüterin des Wissens) weinende Kinder zur Grabstätte.

Das Porträt von Escher wird gehalten von einem Putto (Personifikation der Ehre?).

Eine seltsam gekrönte Personifikation mit einem Ölzweig in der Hand (die Eintracht?) wendet sich nach oben zur den Ruhm ausposaunenden FAMA.

Inschrift unter dem Sarkophag:

  • EVERGETAE = lat. umgeschriebener Dativ von εὐεργέτης ›Wohltäter‹ (in heidn.-antiken Texten sowie im Lukasevangelium 22,25)
  • pos. für posuerunt ? ≈ haben hingesetzt
  • cives ≈ die Bürger (Pl.)

Anhang: Fama in nicht-allegorischen Kontexten

Ovid, Metamorphosen XII,39–63 gibt kein Bild der Fama, sondern ihre Palastes, aus dem man Flüstern hört. Was die Ovid-Illustratoren nicht gehindert hat, die Fama zu zeichnen:

Ovidii Nasonis Metamorphosis Oder Ovidii Des Poeten Wvnderliche Verendervng Verschidener Gestalden / An Tag Gegeben Vnd Verlegt Dvrch Melchioren Kysell [nach Wilhelm Baur] Augsburg 1681.

 

Das Titelblatt von Athanasius Kirchers (1602–1680) Untersuchungen über Akustik, Musik, Phonologie, Lautübertragung, Echoeffekte und die Konstruktion von Musikinstrumenten zeigt sinnvollerweise auch die posaunende FAMA:

Athanasii Kircheri ... Phonurgia Nova Sive Conjugium Mechanico-physicum Artis & Natvrae Paranympha Phonosophia Concinnatum quâ Universa Sonorum Natura, Proprietas, Vires effectuúmque prodigiosorum Causae, novâ & multiplici experimentorum exhibitione enucleantur ... Kempten: Dreherr 1673.
> http://digital.slub-dresden.de/ppn278988709

Weckender Engel mit Fanfare

Hier werden die eingeschlafenen klugen und die törichten Jungfrauen (Matthäus 25,1–13) mitten in der Nacht geweckt:

Gerard Groenning (inv.) – Harmen Jansz. Muller (sculps.; 1540–1617), ca. 1567/70
Ausschnitt; das ganze Bild hier > https://www.britishmuseum.org/collection/object/P_D-7-55

Literaturhinweise

Hans Kauffmann, Artikel "Fama", in: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, Bd. VI (1974), Sp. 1425–1445. > http://www.rdklabor.de/w/?oldid=89272

Hans-Joachim Neubauer, Fama: Eine Geschichte des Gerüchts, Berlin: Berlin Verlag, 1998; Neuauflage Matthes & Seitz Berlin 2009.

Claudia Brink, Artikel "Fama", in: Handbuch der politischen Ikonographie, hg. Uwe Fleckner / Martin Warnke / Hendrik Ziegler, München: Beck 2011, Band I, S.285–292.

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